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Leserbrief zum Artikel Berlins »Jugendwiderstand«: Rappende Revolutionäre vom 27.03.2019:

Schattenseiten ausgeblendet

Interessanter Artikel zum Jugendwiderstand (JW), weil er bislang als einziger auch die Aktivisten selbst zu Wort kommen lässt. In dieser Hinsicht gibt er den Lesern einen Einblick, wie man ihn in der bürgerlichen Presse nicht finden kann. Die ist vollauf damit beschäftigt, die Konflikte in der radikalen Linken am Exempel des JW als skurril-dogmatischen Kleinkrieg darzustellen. Das hat extremismustheoretische Tradition, doch an diesem Umstand ist auch das Agieren des JW schuld. Aus der Recherche liest man den maoistischen Dogmatismus, das Eingestehen/Herunterspielen von Gewalt gegen andere Linke und den großspurigen Pathos dieser Gruppe heraus. Gerade bei den Angriffen auf Dritte hätte Rast sich das bislang veröffentlichte Material genauer anschauen müssen. Was ist denn auf den dokumentierten Videos von Übergriffen zu sehen, und warum distanzieren sich unzählige linke und linksradikale Organisationen vom JW – also nicht bloß Bürgerliche und Antideutsche? Innerlinke Kritik lässt sich nicht einfach herunterspielen. Doch Rast hätte seinen kritischen Nachfragen beharrlicher Nachdruck verleihen müssen. Anhaltspunkte gibt es auch zum Vorwurf des virulenten Sexismus der interviewten JW-Mitglieder »Taktikka« und »TJ Detweiler«. Was ist also dran an den Recherchen, dass offen im Netz über Transpersonen als »psychisch kaputte Individualisten« oder »Freakgestalten« hergezogen wird, Wagenknecht in machoartiger Manier sexualisiert wird und man politischen Feindinnen wie Alice Weidel sagt, man »mache sie wieder hetero«? Und das von Kommunisten einer Organisation, die sich nach außen hin als proletarisch-feministisch darstellt. Wie passt das zusammen? Rast spart es aus. Lässt sich das auch herunterspielen, oder gibt es Einsicht in die private Gedankenwelt dieser Jugendwiderständler? Rasts Reportage geht den Vorwürfen nur halbherzig nach und spielt die Schattenseiten des JW fatalerweise herunter. Kritische Begleitung muss im Rahmen einer Reportage deutlich anders aussehen.
Stephan Heuser, Leipzig

Kommentar jW:

Zu den Leserbriefen zum »Jugendwiderstand« schrieb Ralf Cüppers aus Flensburg:

Oliver Rasts Porträt des sogenannten Jugendwiderstandes enthielt zwar den kurzen Hinweis auf dessen »Volk-und-Heimat«-Bezug und den Namen Otto Strasser, nicht aber die Auseinandersetzung mit dessen faschistischer ideologie. Spätere Faschisten wie z. B. Sorel und Mussolini haben schon vorher, als sie noch in der gemeinsamen sozialistischen Partei waren, Gewalt und Krieg befürwortet. Die Gewaltfrage, also Kriege verhindern oder Kriege nutzen zu wollen, war die ideologische Frage, an der sich die Geister schieden: Faschisten wollen den Krieg ausdrücklich. Die absurde Gewaltverherrlichung des RK als »maoistisch« zu definieren, ist daher falsch. Das RK ist nicht maoistisch, sondern faschistisch, die Abkürzung RK wäre als (Ernst) Röhms Kindergarten zu übersetzen. Die Gruppe glorifiziert nationale Befreiungskriege. Sie unternimmt auch nichts gegen Großkonzerne wie z. B. Rheinmetall Defence, die in Flensburg den »Leopard«-Panzer zur elektronischen Kampfführung aufrüstet, sondern kämpft gegen Linke: RKler verübten in der Nacht vom 14. auf den 15. März 2019 einen Farbanschlag auf das Büro von Black Mosquito (anarchistischer Mailorder).
»Das Erbe der KPD von Ernst Thälmann anzunehmen« beinhaltet die Verpflichtung, es vor faschistischer Verfälschung zu schützen. Mehr als 20 linke Gruppen haben erklärt: »Keinerlei Toleranz, keinerlei Nachsicht gegenüber der propagierten Gewalt und der propagierten Frauenverachtung durch das sogenannte ›Revolutionäre Kollektiv‹. Eine Zusammenarbeit auf Basis von Gewalt und Frauenverachtung ist ausgeschlossen!«
https://dkpflensburg.wordpress.com/2018/07/02/roehms-kindergarten-maskiert-sich-als-revolutionaeres-kollektiv/

Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.03.2019.
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