4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Leserbrief zum Artikel 20 Jahre Bolivarische Revolution: Morgenröte und Dämmerung vom 02.02.2019:

Unerträgliche Lobhudelei

Die anhaltende Lobhudelei um diesen angeblichen »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« in Venezuela ist unerträglich. Der nun schon zwanzig Jahre dauernde Versuch dazu ist krachend gescheitert. Es gibt seit zwanzig Jahren nicht einen einzigen organisatorischen Schritt zu einer sozialistischen Umgestaltung der Wirtschaft. Allein fünf Jahre hatten die Chavisten im Parlament nahezu 100 Prozent der Sitze, ohne dass sie diese einzigartige Machtkonzentration für sich genutzt hätten. Dieser »Sozialismus« ist eine nichtssagende Worthülse. Seine ökonomische und politische Basis beruht auf einem einfältigen Erdölmodell. Die einzigartigen sozialpolitischen Maßnahmen sind allein dem geschuldet. Damit ist nun Schluss. Was nutzt es jetzt Venezuela, einen beachtlich niedrigen Gini-Koeffizienten aufzuweisen? Die Landreform ist gescheitert. Keine zwei Prozent der Unternehmen wirtschaften als Genossenschaften. Der Anteil der verarbeitenden Industrie am BIP sinkt so dramatisch und kontinuierlich wie der der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. Der Preis für einen Liter Benzin wird blödsinnig subventioniert auf umgerechnet alberne zwei Cent. Die Einkommen aus Kapitalbesitz bleiben unberührt. Es gibt schlicht keinen einzigen nennenswerten sozialistischen Produktionsbereich im Lande. Venezuela ist darum nicht »sozialistisch«. Egal wie sozial großzügig die Staatsverteilung sich gestalten mag. Diese Stümperei weiter nicht beim Namen zu nennen gleicht einer Unterlassung. Nicht eine einzige Erfahrung des internationalen Proletariats nach einhundert Jahren russischer Oktoberrevolution wird auch nur in Betracht gezogen. Der Chavismus in Venezuela, diese »Bolivarische Revolution«, ist eine Behinderung der Entwicklung der Produktivkräfte des Landes. Das führt zwangsläufig nach Marx vom Zusammenhang zwischen »PK« und »PV« zum notwendigen Untergang des behindernden Überbaus. Denn der von Marx erkannte gesellschaftliche Motor gilt nicht nur für Revolutionen, sondern auch für Konterrevolutionen. Wir haben das z. B. hautnah mit dem Untergang der DDR erlebt. Maduro hat es noch vor sich. Wir sollten uns nichts mehr vormachen.
Enrico Mönke, Berlin

Kommentar jW:

Zu diesem Leserbrief schrieb Harald Möller:

Enrico Mönke hat völlig recht. Die erste Grundregel für eine erfolgreiche Revolution lautet: Alle lebensnotwendigen Bereiche des Staates werden verstaatlicht. Dazu gehören speziell in Venezuela die Ölindustrie aber auch Bereiche wie das Transportwesen oder die lebensmittelproduzierenden Bereiche wie die Landwirtschaft oder die weiterverarbeitende Branchen wie Bäckereien usw. Als unbeteiligter Beobachter hat man die Vermutung, dass Hugo Chávez und erst recht sein Nachfolger Maduro von Anfang an gar nicht an den »Sieg der Revolution« geglaubt haben und bei dem erwarteten Scheitern der Revolution auf Sündenböcke im Inneren zurückgreifen wollten. Gegenüber dem »gemeinen« Volk die einzige Schuld den 2.000 Kilometer entfernten USA zu anzulasten, war unrealistisch, zumal man auch Freunde in Russland, China, Kuba, Bolivien, dem Iran und neuerdings auch in der Türkei hat, die die Folgen der US-Intervention mildern könnten.
Harald Möller, per E-Mail

Veröffentlicht in der jungen Welt am 05.02.2019.
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