Leserbrief zum Artikel Erinnerungspolitik: Den Antikommunisten abgetrotzt
vom 19.01.2019:
Eine unvergessliche Tat
Konrad Wolfs Antikriegsfilm »Ich war neunzehn« ist für mich ein großartiges und bedeutendes Filmerlebnis geblieben. Zumal das Geschehen um die Zitadelle Spandau herum in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges mir
schon im Jahre 1969, als ich den Film erstmals sah, nicht unbekannt war. Mein Vater, als Nazigegner schon im Frühsommer 1940 (obwohl Jahrgang 1904!) in die Wehrmacht eingezogen, hatte dort im Westen Berlins
die schrecklichen letzten Kriegstage mitgemacht. Der Naziführer Goebbels schrie noch kurz vor seinem Suizid über die letzten intakten Lautsprecher Endsiegparolen über das Gelände der Avus, während unübersehbare
Panzerkolonnen der Roten Armee vom Westen her Richtung Reichstag und Führerbunker rollten. Tote über Tote, ein katastrophales, schreckliches und unvermeidbares, aber auch gerechtes Ende der Nazibarbarei. So urteilte jedenfalls oft mein Vater über das Erlebte in zahlreichen Gesprächen mit mir. Er selbst hatte Riesenglück, kam trotz Teilnahme am »Endkampf« in Berlin mit dem Leben und ohne Verwundung davon, gelangte nicht mal dort im Grunewald in Kriegsgefangenschaft. Mit zwei jungen Soldaten, die aus Leipzig stammten, wagte er in letzter Minute die Flucht von der Truppe. Mit einem vollgummibereiften Fahrrad fuhr er seinem Heimatdorf in Südthüringen entgegen, das er am Pfingstsonntag 1945 erreichte. Ein anderer, sehr junger Mann aus unserem Ort, als junger Abiturient 1943 in den Krieg geschickt und später viele Jahre mein verehrter Kunsterzieher während meiner Schulzeit, ging in Spandau neben der Zitadelle in Kriegsgefangenschaft. Er kam Weihnachten 1949 aus dem Ural als Antifaschist und ewiger Kriegsgegner zurück und wurde wie mein Vater auch Mitglied in der SED.
Mit diesem Hintergrundwissen und vielen anderen Kenntnissen sah ich Anfang des Jahres 1969 als Student in Leipzig erstmals den ergreifenden Film, für den Wolfgang Kohlhaase das durchschlagende Drehbuch verfasst hatte. Natürlich weiß ich heute längst, dass Wladimir Gall einer der beiden sowjetischen Parlamentäre war, die mit der weißen Fahne und todesmutig auf die Festung Spandauer Zitadelle zumarschierten, verhandelten und viele Leben retteten. Während dieser Szene des Films hielt das Kinopublikum den Atem noch gespannter an, wie ich mich bis heute erinnere.
Gut, dass der Rundweg um die historische Zitadelle nun den Namen des sowjetischen Hauptmanns Wladimir Gall verliehen bekam. Eine unvergessliche Tat in einem unvergesslichen Frühling!
schon im Jahre 1969, als ich den Film erstmals sah, nicht unbekannt war. Mein Vater, als Nazigegner schon im Frühsommer 1940 (obwohl Jahrgang 1904!) in die Wehrmacht eingezogen, hatte dort im Westen Berlins
die schrecklichen letzten Kriegstage mitgemacht. Der Naziführer Goebbels schrie noch kurz vor seinem Suizid über die letzten intakten Lautsprecher Endsiegparolen über das Gelände der Avus, während unübersehbare
Panzerkolonnen der Roten Armee vom Westen her Richtung Reichstag und Führerbunker rollten. Tote über Tote, ein katastrophales, schreckliches und unvermeidbares, aber auch gerechtes Ende der Nazibarbarei. So urteilte jedenfalls oft mein Vater über das Erlebte in zahlreichen Gesprächen mit mir. Er selbst hatte Riesenglück, kam trotz Teilnahme am »Endkampf« in Berlin mit dem Leben und ohne Verwundung davon, gelangte nicht mal dort im Grunewald in Kriegsgefangenschaft. Mit zwei jungen Soldaten, die aus Leipzig stammten, wagte er in letzter Minute die Flucht von der Truppe. Mit einem vollgummibereiften Fahrrad fuhr er seinem Heimatdorf in Südthüringen entgegen, das er am Pfingstsonntag 1945 erreichte. Ein anderer, sehr junger Mann aus unserem Ort, als junger Abiturient 1943 in den Krieg geschickt und später viele Jahre mein verehrter Kunsterzieher während meiner Schulzeit, ging in Spandau neben der Zitadelle in Kriegsgefangenschaft. Er kam Weihnachten 1949 aus dem Ural als Antifaschist und ewiger Kriegsgegner zurück und wurde wie mein Vater auch Mitglied in der SED.
Mit diesem Hintergrundwissen und vielen anderen Kenntnissen sah ich Anfang des Jahres 1969 als Student in Leipzig erstmals den ergreifenden Film, für den Wolfgang Kohlhaase das durchschlagende Drehbuch verfasst hatte. Natürlich weiß ich heute längst, dass Wladimir Gall einer der beiden sowjetischen Parlamentäre war, die mit der weißen Fahne und todesmutig auf die Festung Spandauer Zitadelle zumarschierten, verhandelten und viele Leben retteten. Während dieser Szene des Films hielt das Kinopublikum den Atem noch gespannter an, wie ich mich bis heute erinnere.
Gut, dass der Rundweg um die historische Zitadelle nun den Namen des sowjetischen Hauptmanns Wladimir Gall verliehen bekam. Eine unvergessliche Tat in einem unvergesslichen Frühling!