Leserbrief zum Artikel Soli-Konzert in Chemnitz: Auf die Pauke gehauen
vom 05.09.2018:
Der Feind in der Mitte
In Gesprächen über die aktuelle Lage ist mir noch einmal bewusst geworden, dass bei einem Engagement gegen die Rechtsentwicklung hierzulande, die ja weitgehend unserer politischen Klasse als Reaktion auf ihr Versagen zuzuschreiben ist, gerade in der augenblicklichen Situation die Gefahr entsteht, dass wir gegen unseren Willen eben dieselbe politische Klasse und damit das »Weiter so!« unterstützen und allen unpolitischen und gutgläubigen Menschen in unserem Land ungewollt und unausgesprochen als einzige Alternative empfehlen, obwohl sie die Ursache für unsere Probleme sind. Es wäre also bei allen Aktivitäten gegen rechts genau zu überlegen, ob wir damit nicht unseren Parteien helfen, sich aus der selbstverschuldeten Patsche zu befreien, das unverdiente und mit Recht verlorene Vertrauen in weiten Teilen der Bevölkerung zurückzugewinnen und ihr unheilvolles Treiben fortsetzen zu können, ohne sich selbst und ihre Verhalten zu ändern. Dadurch könnte ein Schaden für unsere Arbeit und Ziele entstehen, der kaum abzuschätzen ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind gerade die Kritik an der und die Ablehnung der Politik unserer »Könige auf Zeit« und die Aussichtslosigkeit jeder Kritik zumindest einige der Gründe für den schwer verständlichen Zulauf zur Rechten, die wir bei unserer Strategie gegen rechts nicht aus den Augen verlieren dürfen. Bedenkt dabei, dass man sich in der ehemaligen DDR einen Regime-Change aufgrund der eigenen Erfahrungen noch besser vorstellen kann als die in den Köpfen der Wessis zum »Ende der Geschichte« erstarrte »repräsentative Demokratie«!