Leserbrief zum Artikel DDR-Kulturgeschichte: Die Kunst und die Zeitenwende
vom 12.06.2018:
So etwas von schwergefallen
Ein großes Dankeschön für die liebevollen Erinnerungen an Hermann Kant und Werner Klemke. Beide sind mir keine Unbekannten, die Bücher von Hermann Kant und viele Bücher und Schallplattenhüllen mit den Illustrationen von Werner Klemke sind in meinem Besitz. Ich weiß auch, wie beide – wie Zigtausende andere – nach der »Zeitenwende« hasserfüllt von den angeblichen Siegern der Geschichte verteufelt wurden. Zum »großen Literaturwissenschaftler« Wolfgang Thierse eine ganz persönliche Begebenheit: Nach seiner für mich unerträglichen Zustimmung 1999 zum völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien – in seiner politischen Funktion als Präsident des Deutschen Bundestages – habe ich ihm in einem Brief meinen Protest gegen diese friedenszerstörende Politik übermittelt. In seinem Auftrag erklärte mir eine seiner Referentinnen: Herrn Thierse sei die Entscheidung ja so etwas von schwergefallen, da sie nicht dem Völkerrecht entspreche, aber letzten Endes müsse eben auch mal mit Krieg Demokratie und Freiheit herbeigebombt werden. Das müsse ich doch verstehen. Nun, das verstehe ich eben nicht, und da befinde ich mich ganz bei Hermann Kant und Werner Klemke. Wäre doch Herr Thierse irgendwo in dieser BRD weiter Literaturwissenschaftler geblieben und nicht in die Politik gegangen, In dieser war er im Gegensatz zu Kant und Klemke nun im größeren Deutschland zum Befürworter imperialistischer Kriege geworden. Vielleicht ist für ihn an dieser Haltung auch noch die DDR mit ihrer Friedenspolitik schuld?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 13.06.2018.