Gegründet 1947 Freitag, 26. April 2024, Nr. 98
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Der schwarze Kanal: Stets dafür und immer dabei vom 21.04.2018:

Nicht immer dabei

Das Völkerrecht hat seit 1999 einen akuten »Pflegenotstand« – und Deutschland versucht meist, im Hintergrund zu bleiben: weil die Bevölkerung sich widersetzt. Nein, nicht »immer dabei«!
1999 intervenierte die NATO in (Rest-)Jugoslawien – ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss; Deutschland beteiligte sich daran (unter Schröder/Fischer); infolge der Intervention besetzte eine westliche Militärkoalition die serbische Provinz Kosovo, die sich später für unabhängig erklärte – mit Zustimmung der politischen Führer und vielleicht der Mehrheit der albanischen Bevölkerung des Kosovo;
2001 führten die USA Luftangriffe gegen Afghanistan durch, marschierte die NATO in Afghanistan ein – auf der Grundlage eines UN-Sicherheitsratsbeschlusses, Deutschland beteiligte sich daran (unter Schröder/Fischer);
2002 marschierte eine »Koalition der Willigen« unter US-Führung in Irak ein – ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss, Deutschland beteiligte sich nicht daran (unter Schröder/Fischer) – jedoch indirekt durchaus! Angela Merkel befürwortete damals eine aktive Beteiligung der deutschen Bundeswehr.
2011 bombardierten französische, britische und US-Luftstreitkäfte Libyen, unter exzessiver Auslegung eines UN-Sicherheitsratsbeschlusses, bei dem sich China und Russland enthalten hatten, Deutschland beteiligte sich nicht daran (unter Merkel/Westerwelle)! Wieder aber indirekt!
2014 gliederte sich Russland die Halbinsel Krim an, mit Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung, die sich zuvor für von der Ukraine unabhängig erklärt hatte, und unterstützte die Bevölkerung des Donbass bei der »Anti-Maidan« genannten Abwehr der nationalistischen »Maidan-Aufständischen«, die in Kiew bei einem US-geförderten Putsch die Macht übernommen hatten, sowie der ukrainischen Armee. Deutschland beteiligte sich (unter Merkel/Steinmeier) diplomatisch an Versprechungen von einer Übergangsregelung für den legal gewählten Präsidenten Janukowitsch und danach am »Normandie-Format« mit Frankreich, der Kiewer Regierung und Russland (als De-facto-Vertreter der beiden »Volksrepubliken« in Donezk und Lugansk); gleichzeitig förderte es einzelne prowestliche Politiker der Ukraine (Julia Timoschenko, Klitschko) und brachte sie damit in führende Positionen der (Nach-)Putsch-Regierung Poroschenko.
2016–18 intervenierten die USA in Syrien massiv in den dortigen Bürgerkrieg, der auch einen fundamentalistisch-sunnitischen »Islamischen Staat im Irak und Syrien« (ISIS) hervorgebracht hatte, der dabei (angeblich als »einziges Ziel«) bekämpft werden sollte – gegen den Willen der dortigen Regierung und ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss. Russland und der Iran beteiligten sich in Übereinstimmung mit den Wünschen der Regierung und eines großen Teils der syrischen Bevölkerung, der sich als Christen und Alawiten oder nichtfundamentalistische Sunniten bzw. Atheisten durch ISIS bedroht fühlte, an der Bekämpfung des islamischen Fundamentalismus und seiner bewaffneten Einheiten.
Dass die kurdische Minderheit im Nordosten Syriens und im Kanton Afrin dabei eine extrem hohe Autonomie erreichte, veranlasste die Türkei 2018 zum Angriff auf Afrin und zur De-facto-Besetzung des Kantons – auch wider das Völkerrecht.
Nach einem »mutmaßlichen Angriff mit Chlorgas auf Zivilisten« griffen die USA (zum zweiten Mal), Frankreich und Großbritannien als »Vergeltung« Einrichtungen in Syrien mit Raketen und Marschflugkörpern an.
Mit der Erklärung »roter Linien« wird direkt darauf hingearbeitet, demnächst bei echten oder fiktiven Chemiewaffeneinsätzen egal von wem erneut zuschlagen zu »müssen«. Meist wird dabei das Völkerrecht für »weniger relevant« oder »irrelevant« erklärt. Bis hin zu Heiko Maas, zur Taz und den neuen Chefs der Grünen. Die deutsche Bevölkerung aber denkt anders darüber! Deutschland beteiligte sich also (bisher) nicht – obwohl ein großer Teil der Politiker der meisten Parteien von Maas bis Röttgen das kritisiert. Diesen Kriegstreibern in den Arm zu fallen war und ist dringend nötig! Und es ist nicht aussichtslos! Gegen die indirekte Beteiligung an den Völkerrechtsverletzungen der Westmächte aber muss doch weit mehr getan werden!
Volker Wirth
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Das war Terror

    Nun haben die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages ja festgestellt, dass der Angriff der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Syrien völkerrechtswidrig war – oder mit anderen Worten: Das war...
    Armin Christ