Leserbrief zum Artikel Porträt: Revolutionär des Tages: Hubertus Heil
vom 10.04.2018:
Hartzer Käse
Pech gehabt, Herr Heil. Euren Hartzer Käse mit anderen Bezeichnungen schönzufärben versuchtet ihr ja schon kurz nach Beginn dieses brutalen Kahlschlagsprogramms. Ich traf damals eine SPD-Wahlkämpferin, die mich auf meine Bemerkung zur Unwählbarkeit der Pro-Hartz-Parteien belehren wollte, das heiße »nicht Hartz IV, sondern ALG 2«. Ich konnte nur höhnen, natürlich werde das zeit seiner Gültigkeit nach dem VW-Zuhälter heißen, das hätten sie als »S«PD nun eben davon.
Wahrscheinlich verstand Heil sowenig wie die übrigen Seeheimer, Rechtsausleger, Neoliberlaen oder die hessische Anti-Ypsilanti-Viererbande um Dagmar Metzger in der SPD, dass anständige, auch und gerade sozialdemokratisch orientierte Menschen an Hartz IV nicht dessen charakterlosen Erfinder kritisieren, sondern z. B.: die für mindestens 90 Prozent der Betroffenen viel zu niedrige Höhe; die willkürlich berechneten, objektiv nicht ausreichenden Sätze für Einzelbedürfnisse (z. B. ÖPNV); die Zahnbürstenschnüffelei in »Bedarfsgemeinschaften«; die Papier- und Zeitverschwendung durch sinnlose Bewerbungsrituale; das durch und durch unmenschliche Sanktionsregime; den Zwang zu – zum Glück häufig erfolgreicher – Prozesshanselei; und die Auswirkung all dieser Schikanen auch auf die allgemeine Angst der Noch-Arbeitsplatzinhaber.
Geld für die – verfassungsmäßig immerhin gebotene – Wiederherstellung des Sozialstaats ist ganz offenbar in Hülle und Fülle vorhanden: Sonst könnte die Bundesregierung ja nicht so willig vor diesem phantasielosen NATO-Apparatschik Jens Stoltenberg zu Kreuze kriechen, wenn der gebetsmühlenhaft dreimal täglich seine zwei BIP-Prozent für Kriege, Zerstörungen, Verkrüppelungen und Tod daherblökt. Aber selbst wenn der mutmaßliche Wunschkoalitionär der SPD-Granden, Christian Lindner (FDP), die Steuern auf drei Cent zusammengestrichen hätte, gäbe es Geld – vorausgesetzt, die SPD hätte die »Schuldenbremse« nicht durchgewinkt, und ihr Finanzminister Scholz läse mal J. M. Keynes, statt dummdreist von einer schwarzen Null daherzubrabbeln.
Was ich nie verstand: An der SPD-Basis muss es doch auch noch so etwas wie Sozialdemokraten geben. Warum ließen die sich von Schröder und Compagnie derart willig aufs Kreuz legen wie die verbliebenen Ökologen bei den Grünen durch Fischer? Es gab doch die WASG! Warum gibt es nicht längst vier oder fünf weitere »WASG-Prozesse«? Die könnten sich durchaus an verschiedenen Punkten entzünden: nochmals sozialpolitisch; oder friedenspolitisch (Brandt würde sich freuen!); oder ökologisch (mit weniger Kohleverharmlosung); oder wo auch immer die SPD-Spitze so reaktionär ist wie die FDP/AfD. Müssen wirklich bis zu 300.000 wohlmeinende SPD-Genossen, jeder ganz für sich allein, aus der »S«PD heraus nach links finden?
Wahrscheinlich verstand Heil sowenig wie die übrigen Seeheimer, Rechtsausleger, Neoliberlaen oder die hessische Anti-Ypsilanti-Viererbande um Dagmar Metzger in der SPD, dass anständige, auch und gerade sozialdemokratisch orientierte Menschen an Hartz IV nicht dessen charakterlosen Erfinder kritisieren, sondern z. B.: die für mindestens 90 Prozent der Betroffenen viel zu niedrige Höhe; die willkürlich berechneten, objektiv nicht ausreichenden Sätze für Einzelbedürfnisse (z. B. ÖPNV); die Zahnbürstenschnüffelei in »Bedarfsgemeinschaften«; die Papier- und Zeitverschwendung durch sinnlose Bewerbungsrituale; das durch und durch unmenschliche Sanktionsregime; den Zwang zu – zum Glück häufig erfolgreicher – Prozesshanselei; und die Auswirkung all dieser Schikanen auch auf die allgemeine Angst der Noch-Arbeitsplatzinhaber.
Geld für die – verfassungsmäßig immerhin gebotene – Wiederherstellung des Sozialstaats ist ganz offenbar in Hülle und Fülle vorhanden: Sonst könnte die Bundesregierung ja nicht so willig vor diesem phantasielosen NATO-Apparatschik Jens Stoltenberg zu Kreuze kriechen, wenn der gebetsmühlenhaft dreimal täglich seine zwei BIP-Prozent für Kriege, Zerstörungen, Verkrüppelungen und Tod daherblökt. Aber selbst wenn der mutmaßliche Wunschkoalitionär der SPD-Granden, Christian Lindner (FDP), die Steuern auf drei Cent zusammengestrichen hätte, gäbe es Geld – vorausgesetzt, die SPD hätte die »Schuldenbremse« nicht durchgewinkt, und ihr Finanzminister Scholz läse mal J. M. Keynes, statt dummdreist von einer schwarzen Null daherzubrabbeln.
Was ich nie verstand: An der SPD-Basis muss es doch auch noch so etwas wie Sozialdemokraten geben. Warum ließen die sich von Schröder und Compagnie derart willig aufs Kreuz legen wie die verbliebenen Ökologen bei den Grünen durch Fischer? Es gab doch die WASG! Warum gibt es nicht längst vier oder fünf weitere »WASG-Prozesse«? Die könnten sich durchaus an verschiedenen Punkten entzünden: nochmals sozialpolitisch; oder friedenspolitisch (Brandt würde sich freuen!); oder ökologisch (mit weniger Kohleverharmlosung); oder wo auch immer die SPD-Spitze so reaktionär ist wie die FDP/AfD. Müssen wirklich bis zu 300.000 wohlmeinende SPD-Genossen, jeder ganz für sich allein, aus der »S«PD heraus nach links finden?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.04.2018.