Leserbrief zum Artikel Porträt: Revolutionär des Tages: Hubertus Heil
vom 10.04.2018:
Weder solidarisch noch Grundeinkommen
Niemand sollte sich täuschen lassen. Was der Regierende Bürgermeister von Berlin und der »Revolutionär des Tages« vorschlagen – ein »solidarisches Grundeinkommen« – ist weder »solidarisch« noch überhaupt ein Grundeinkommen. Sondern es will Dienstverpflichtung zu notwendigen Tätigkeiten, die »der Markt« nicht ausreichend zustande bringt – es sei denn außertariflich und illegal: Pflege, Betreuung, Kinder- und Altenversorgung, Haushaltshilfe, Grünpflege u. a. m. Die öffentliche und private Suche nach Migrantinnen und Migranten, Flüchtlingen oder Papierlosen »draußen« und ihre Zulassung hierzulande stoßen zunehmend an Grenzen, nicht zuletzt solche wohlmeinender Akzeptanz.
Da bietet es sich an, den hohen Bestand Langzeitarbeitsloser genauer anzuschauen und in dienstleistende Tätigkeiten zu holen. »Ein Euro extra« hat nicht funktioniert – weder für die so geförderten und geforderten Menschen, die in der Regel gleich wieder herausfielen, noch für die Organisierung der Arbeit in den ihnen zugewiesenen Aufgaben. Der soziale, moralische, ethische Druck auf die Langzeitarbeitslosen war noch nicht hoch genug, die materiellen Sanktionen reichten nicht aus, sie besorgten lediglich weitere Verelendung. Heute heißt es: Es braucht unmittelbaren Zwang zur Arbeit, um Sozialpolitik so weiter zu machen wie bisher.
Schröder und Hartz kommen zu neuen Ehren, wenngleich sie nicht erwähnt werden sollen und auch die Sache selbst verträglich bezeichnet werden will: »solidarisches Grundeinkommen«, »sozialer Beschäftigungsmarkt«, Arbeiten für die Gemeinschaft, soziale Jahre – alles klingt besser als Zwangsarbeit und soll staatsbürgerliche Zugehörigkeit vermitteln. In der immer noch sogenannten großen Koalition verbirgt sich politisches »Weiter so« in der Sicherung des gesellschaftlichen Systems als hierarchisch durchstrukturiert von ganz oben bis ganz unten. Niedrig- und Mindestlöhne sowie prekäre Arbeitsverhältnisse breiten sich von unten aus – das »solidarische Grundeinkommen« wäre ein Teil dazu. In den Mittelschichten wird diese Hierarchie gerne genutzt – sie wirkt als Stillhalteprämie.
Da bietet es sich an, den hohen Bestand Langzeitarbeitsloser genauer anzuschauen und in dienstleistende Tätigkeiten zu holen. »Ein Euro extra« hat nicht funktioniert – weder für die so geförderten und geforderten Menschen, die in der Regel gleich wieder herausfielen, noch für die Organisierung der Arbeit in den ihnen zugewiesenen Aufgaben. Der soziale, moralische, ethische Druck auf die Langzeitarbeitslosen war noch nicht hoch genug, die materiellen Sanktionen reichten nicht aus, sie besorgten lediglich weitere Verelendung. Heute heißt es: Es braucht unmittelbaren Zwang zur Arbeit, um Sozialpolitik so weiter zu machen wie bisher.
Schröder und Hartz kommen zu neuen Ehren, wenngleich sie nicht erwähnt werden sollen und auch die Sache selbst verträglich bezeichnet werden will: »solidarisches Grundeinkommen«, »sozialer Beschäftigungsmarkt«, Arbeiten für die Gemeinschaft, soziale Jahre – alles klingt besser als Zwangsarbeit und soll staatsbürgerliche Zugehörigkeit vermitteln. In der immer noch sogenannten großen Koalition verbirgt sich politisches »Weiter so« in der Sicherung des gesellschaftlichen Systems als hierarchisch durchstrukturiert von ganz oben bis ganz unten. Niedrig- und Mindestlöhne sowie prekäre Arbeitsverhältnisse breiten sich von unten aus – das »solidarische Grundeinkommen« wäre ein Teil dazu. In den Mittelschichten wird diese Hierarchie gerne genutzt – sie wirkt als Stillhalteprämie.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 11.04.2018.