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Leserbriefe

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Leserbrief zum Artikel 1.-Mai-Demonstration: »Werden das PKK-Verbot massenhaft unterlaufen« vom 05.04.2018:

An das Lektorat

Im erwähnten Interview heißt es wörtlich: »Unser Ziel ist, dass am 2. Mai der deutsche Botschafter in Ankara einbestellt wird und erklären muss, warum in der Hauptstadt der Bundesrepublik Hunderte Fahnen von vermeintlich terroristischen Organisationen wehen konnten.« Entweder die Genossin mit dem Pseudonym Paula Reuter hat es tatsächlich so gesagt, Euer Interviewer Peter Drabig hat es ihr in den Mund gelegt oder – und das ist es, was ich am ehesten vermute – Euer Lektor bzw. Eure Lektorin hat es so formuliert.
Was soll denn »vermeintlich« in diesem Zusammenhang bedeuten? Paula Reuter meint doch bestimmt nicht, dass die genannten Organisationen »terroristisch« seien, und dass Peter Drabig das meint, will ich doch zumindest nicht hoffen. Bliebe die Möglichkeit, dass derjenige (es wird sicher keine Frau sein), der den BRD-Botschafter in Ankara einbestellt, meint, die PKK sei »terroristisch«. Aber mal davon abgesehen, dass wir uns ja wohl nicht den Kopf eines solchen Erdogan-Büttels zu zerbrechen brauchen, glaubt Ihr denn tatsächlich, dass so einer nicht in Wirklichkeit weiß, dass nicht die PKK und die mit ihr befreundeten Organisationen terroristisch sind, sondern sein eigenes AKP-Regime? Wäre es anders, würden diese Verbrecher nicht soweit gekommen sein, wie sie es sind!
Nein, diese Verbrecher wissen sicher nur allzugut, dass sie selber die Terroristen sind und ihre kurdischen Feinde, die sie in Völkermord-Absicht auslöschen wollen, allenfalls Konterterroristen. Allerdings behauptet dieses Pack sehr wohl, die PKK und die mit ihr befreundeten Organisationen wären terroristisch, das geben sie in der Tat an! Und um das zu benennen, gibt es mit »angeblich« und »vorgeblich« zwei äußerst passende deutsche Wörter.
Und weil ich dieses so genau passende Wort schon seit Jahren in ganz vielen Artikeln der jungen Welt vermisse, vermute ich, dass da zumindest eine Eurer Lektorinnen dahintersteckt, der an dem Wort »vermeintlich« einen Narren gefressen hat und es möglichst oft unterbringen will. Manchmal lese ich auch die fast synonymen Begriffe »vermutlich« oder »mutmaßlich«, so gut wie nie jedoch die einzig treffenden Begriffe »angeblich« oder »vorgeblich«!
Dagegen, dass Ihr diesen Leserbrief veröffentlicht, habe ich nichts, denn ich habe nicht vor, die Türkei zu besuchen, solange dort ein faschistisches Regime sein Unwesen treibt. Viel lieber wäre mir jedoch, dass Ihr diesen Brief allen Euren Lektorinnen und Korrektoren weiterreicht, damit ich in Zukunft dann, wenn jemand etwas nur vorgibt, was er/sie in Wahrheit besser weiß und nicht irrtümlich meint, vermutet oder mutmaßt, die zutreffenden Wörter »angeblich« oder »vorgeblich« lese.
Ortwin Zeitlinger
Veröffentlicht in der jungen Welt am 09.04.2018.