Leserbrief zum Artikel Kommentar: Gut und schlecht
vom 13.01.2018:
Unpassender Vergleich
Den Kommentar von Georg Fülberth zu den Sondierungsverhandlungen zur Regierungsbildung fand ich wirklich gut. Die Erinnerung an Honecker dagegen im letzten Satz schlecht. Ohne die Erwähnung von Honecker hätte der letzte Satz einen treffenden Abschluss des Kommentars ergeben: Schließlich hat jeder von uns im Alltag schon mal die Erfahrung gemacht, wie es sich anfühlt, »keine Gelegenheit mehr« zu haben, »etwas richtig zu machen«, nachdem man vorher alles falsch gemacht hat. Der Kommentar hätte in dieser Weise eine Zuspitzung auf Schulz erhalten in dessen auswegloser Zwickmühle, in der sogar jede Möglichkeit einer Verschlimmbesserung beim besten Willen nicht mehr vorstellbar ist. Doch durch die Beispielsetzung von Honecker bekommt der Kommentar einen Unterton, der einen schlechten Nachgeschmack bei mir erzeugt und mir keinen Erkenntnisgewinn verschafft. Genauso wie Georg Fülberth betont, dass die Bedingungen der Großen Koalition 1966–1969 andere waren als heute, genauso meine ich, einen fundamentalen Unterschied zu sehen zwischen einem gescheiterten Sozialismusversuch vor einem Vierteljahrhundert – manifestiert in vielen gundsätzlich richtigen Schritten, natürlich wie bei allen ersten Gehversuchen auch falschen Schritten, in der DDR – und einem zweiten Versuch heute, eine bürgerliche Regierung in einem sogenannten Rechts-Nachfolge-Staat zu bilden. Sehr geehrter Georg Fülberth, der letzte Satz des Kommentars könnte in einen falschen Hals geraten … Ich meine, der letzte Satz war überflüssig, schade.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 19.01.2018.