Leserbrief zum Artikel Militarisierung: EU auf Kriegskurs
vom 15.11.2017:
Neuer Imperialismus
Wenn es wirklich nur um Sicherheit und Frieden in der Welt ginge und nicht um Machterweiterung und geopolitische und wirtschaftliche Interessen und Ambitionen, dann bräuchten wir keine »echte europäische Verteidigungsunion« und die damit verbundene Aufrüstung in Europa. Vor allem nicht seitens einer Organisation, in der sich die meisten und mächtigsten Kolonialherren von einst versammelt haben, die heute nicht zu geringem Teil immer noch in den ehemaligen Kolonien ihre Finger im Spiel haben oder – wie Deutschland – dort und anderswo wieder Macht und Einfluss gewinnen wollen. Dann würde das Geld viel nützlicher angewendet werden, wenn man eine unabhängige, neutrale und effektive UN-Polizei-Streitmacht aufstellen würde, die überall dort für Frieden und Sicherheit sorgen kann, wo Staaten und Regierungen ihre Konflikte nicht friedlich lösen können oder wollen. Außerdem würde man die NATO als selbsternannten »Weltpolizisten« unter Führung und zur Interessensicherung der USA in aller Welt loswerden, denen wir heute zum Beispiel das furchtbare Chaos im Nahen und Mittleren Osten verdanken, wo wir angeblich unsere Freiheit verteidigen. Leider sind wir trotz einer nach Nazibarbarei und Krieg veränderten Welt, in der angeblich Demokratie und Menschenrechte im Vordergrund der Politik stehen, dafür noch immer nicht reif. Im Gegenteil, es hat sich ein neuer Imperialismus eingeschlichen, der die ganze Welt den geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen des »freien Westens« unterwerfen und den wohlhabenden Ländern in der »Festung Europa« die Opfer ihrer egoistischen und verhängnisvollen Machenschaften vom Halse halten soll.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 24.11.2017.