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Leserbrief zum Artikel Popmusik: Unsere Joni vom 26.01.2017:

Anderes Amerika

Ein Bild. Joni Mitchell auf dem Hochseil; die Balance haltend zwischen US-Ikone des Folk, Rock und Jazz und einer sozial engagierten Doch-Millionärin. Wie die meisten von uns, die ein Über-Ich besitzen im Konflikt zwischen Gott Mammon und dem Wunsch, einen wirklichen gesellschaftlichen Beitrag zu liefern – gegen Rassismus, gegen die menschenverachtende Haltung von Politikern, Lobbyisten, Industrie, Banken und was weiß ich ...? So naiv und idealistisch Jonis sozialromantische Malerei auch sein mag – ich habe ihrer Kunst (im wahrsten Sinne des Wortes) soviele Abende, Nächte, Tage, ja Jahrzehnte zu verdanken. Lyrik und Musik wurden noch nie besser fusioniert, fast so als wären sie natürliche Gefährten. Kammermusik im Popgewand. Eine wunderbare, ja wundersame Frau; noch das größte menschliche Elend wird durch ihre Stimme geadelt (»Ethiopia«) und uns begreifbar gemacht. Andererseits eine Schneekönigin im wahrsten Sinne des Wortes; ein distanzierter, kühler Mensch mit einer nachgesagten Neigung zum »Schnee«. Als Nachfahre schwedischer Einwanderer verständlich. Eine Künstlerin, die die Melancholie in den Stand einer Lebensphilosophie erhebt. Warum viele Großartige, insbesondere Jazzmusiker, sich quasi vor ihr verneigen? Was Musiker brauchen, sind Komponisten; Künstler, die eine Vision davon haben, wie die Musik funktionieren soll; Joni Mitchell ist hier in einem Atemzug mit vielen zu nennen wie z. B. Peter Gabriel, Frank Zappa, Joan Baez, Bob Dylan; sie ist eine Pionierin des Folk, Rock und Jazz. Hören Sie doch mal »The Drycleaner from De Moines«. Bevor die Idee von Worldmusic überhaupt aufkam, hatte JM sie schon lange mit großartigen schwarzen, braunen, weißen und grünen Musikern verwirklicht. Sicherlich waren hier Kontakte zu musikproduzierenden Milliardären wie Geffen hilfreich. Vielleicht steht JM doch für ein anderes Amerika, das gerade im Begriff ist zu verschwinden. Vielleicht ist das aber auch eine sehr naive Sichtweise.
Otis Morgenroth
Veröffentlicht in der jungen Welt am 06.02.2017.
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