3 Monate jW-digital für 18 Euro
Gegründet 1947 Mittwoch, 31. Mai 2023, Nr. 124
Die junge Welt wird von 2709 GenossInnen herausgegeben
3 Monate jW-digital für 18 Euro 3 Monate jW-digital für 18 Euro
3 Monate jW-digital für 18 Euro

Leserbrief verfassen

Betr.: Artikel Deindustrialisierung läuft

Sie antworten auf den Leserbrief

Zitat: »Der Rückbau der deutschen Wirtschaft im Dienst des US-Imperiums ist in vollem Gange, wir sind in der Rezession« – Überraschung! Oder doch nicht? Seit Gründung der BRD gab es immer wieder periodische Konjunktureinbrüche und Rezessionen (bekanntlich alle ca. elf Jahre). Jedes Mal wurde das baldige Ende des kapitalistischen Wirtschaftssystems beschworen. Jedoch: Stets verstummten diese Stimmen, wenn sich die Wirtschaft wieder erholte und dann sogar Zuwächse verzeichnete. Wäre dem nicht so, wäre die heutige Wirtschaft unter dem Stand von 1949, dem Gründungsjahr der BRD. Ist doch logisch? – Leider vermeidet es der Autor, weiter als bis 2022 zurückzublicken, um zu begründen, »dass es weiter bergab geht«. Sonst müsste er feststellen, dass z. B. die Finanz- und Wirtschaftskrise Ende des vorletzten Jahrzehnts, die eher noch schlimmer war, schließlich auch zu Ende gegangen ist. Und, mindestens genauso wichtig: Damals herrschte (Massen-)Arbeitslosigkeit. Heute dagegen besteht in vielen Branchen Arbeitskräftemangel.

Artikel »Deindustrialisierung läuft« einblenden / ausblenden

Deindustrialisierung läuft

Rezession in der BRD

Der Rückbau der deutschen Wirtschaft im Dienst des US-Imperiums ist in vollem Gange, wir sind in der Rezession. Selbst die aufgehübschten Staatsstatistiken können nicht mehr verschleiern, dass das hiesige Bruttoinlandsprodukt nun in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen geschrumpft ist. Auch davor gab es lediglich ein Quartal mit minimalem Wachstum, Anfang 2022 ging es bereits bergab. Und anders als in früheren Schrumpfungsphasen eilen diesmal keine Politiker oder ihnen untergebene Ökonomen herbei, um zu erklären, dass das alles bloß ein kleiner Ausrutscher ist, während der große Aufschwung kurz bevorsteht. Statt dessen herrscht gelassene Einigkeit darüber vor, dass es weiter bergab geht.

Ein Blick in die offizielle Statistik zeigt: Besonders dramatisch sind die Einbrüche im Baugewerbe und in energieintensiven Industriezweigen – also allen voran in der Chemiebranche und der Metallverarbeitung. Schließlich sind diese Bereiche besonders hart von der Kriegspolitik der Bundesregierung betroffen, die in Spitzenzeiten zu einer Verachtfachung des Strompreises an der Energiebörse führte. In diesen Sektoren schreitet die Deindustrialisierung der BRD bereits rapide voran. Die einstigen Kohlekumpel aus NRW oder der Lausitz können ein Lied davon singen, was den Arbeitern und ganzen Landstrichen an vielen großen Industriestandorten blüht.

Der zweite große Rezessionstreiber neben den Energiepreisen in der Industrie ist der Konsumverfall. Die nachweislich schöngerechnete Inflationsrate lag hierzulande 2022 bei 6,9 Prozent. Ohne Einbeziehung der Preise für Energie und Nahrungsmittel hätte sie bei nur 3,8 Prozent gelegen. Es sind die Basics des Lebens, die durch die herausragende Aggressivität der deutschen Führung gegenüber Russland drastisch teurer geworden sind. So lag die Energiekostensteigerung für Privathaushalte bei 29,7 Prozent, während die Preise für Grundnahrungsmittel um 13,4 Prozent zugelegt haben. Essen und Strom sind unverzichtbar. Wenn dafür ein immer größerer Teil des Einkommens draufgeht, bleibt halt nichts übrig, um gegen die Rezession anzushoppen.

Dass die nun auch statistisch signifikant gewordene Deindustrialisierung kein Automatismus, sondern das Ergebnis politischer Gestaltung ist, zeigt ein Blick in andere EU-Staaten wie Frankreich, Spanien oder Italien – also in Länder, deren Führung nicht nur an das Wohl der Mächtigen in Washington denkt, sondern auch ein bisschen an sich selbst; Länder, die Energiepreise gedeckelt und Übergewinne abgeschöpft haben. Und die vor allem nicht angefangen haben, wie die Bekloppten alle Staatsausgaben zusammenzustreichen, um in Rüstung zu investieren und das ukrainische Militär auszustatten. Ergebnis: In der gesamten EU und auch in den USA gibt es keine Rezession, sondern weiter Wachstum. Wenn auch nur ein bisschen.

Leserbriefe müssen redaktionell freigeschaltet werden, bevor sie auf jungewelt.de erscheinen. Bitte beachten Sie, dass wir die Leserbriefe Montags bis Freitags zwischen 10 und 18 Uhr betreuen, es kann also einige Stunden dauern, bis Ihr Leserbrief freigeschaltet wird.

Sie erklären sich damit einverstanden, dass wir dessen Inhalt ggfls. gekürzt in der gedruckten bzw. Online-Ausgabe der Tageszeitung junge Welt und in sog. sozialen Netzwerken wiedergeben können. Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung. Die junge Welt behält sich Kürzung Ihres Leserbriefs vor.

Bitte beachten Sie unsere Netiquette (einblenden / ausblenden)

Netiquette

Liebe Leserin, lieber Leser,

bitte beachten Sie die folgenden Hinweise für Ihre Beiträge zur Debatte.

Ihr Leserbrief sollte sich auf das Thema des Artikels beziehen. Veröffentlicht wird Ihr Beitrag unter Angabe Ihres Namens und Ihres Wohnortes. Nachname und Wohnort können abgekürzt werden. Bitte denken Sie daran, dass Ihr Text auch nach Jahren noch im Internet auffindbar sein wird. Wir behalten uns eine redaktionelle Prüfung vor, ein Anspruch auf Veröffentlichung besteht nicht.

Für uns und unsere Leser sind Ihre eigenen Argumente interessant. Texte anderer sollen hier nicht verwendet werden. Bitte bleiben Sie auch im Meinungsstreit höflich. Schmähungen oder Schimpfwörter, aggressive oder vulgäre Sprache haben hier keinen Platz. Denken Sie daran: »Auch der Haß gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge.« (Bertolt Brecht)

Äußerungen, die als diskriminierend, diffamierend oder rassistisch aufgefasst werden können, werden nicht toleriert. Hinweise auf kommerzielle Angebote jeder Art sind ausdrücklich nicht gewünscht. Bitte achten Sie auf die Orthografie und bitte nicht »schreien«: Beiträge, die in Großbuchstaben abgefasst wurden, werden von uns gelöscht.

Die Moderation bedeutet für unsere Redaktion einen zusätzlichen Aufwand: Leserbriefe zu älteren Artikeln sind deshalb nur befristet möglich. Außerdem kann es etwas Zeit in Anspruch nehmen, bis die Redaktion Ihren Leserbrief bearbeiten kann, dafür bitten wir um Verständnis. Orthografische Änderungen durch die Moderation machen wir nicht kenntlich, Streichungen mit eckigen Klammern.

Viel Freude am Debattieren!