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Aus: Ausgabe vom 05.02.2024, Seite 16 / Sport
Bobsport

Die Ruinen von morgen

Kleine Tour d’Horizon des aktuellen Bobsports
Von Thomas Behlert
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Schaffe, schaffe, Bobbahn baue – in Rom nimmt man auch Baupläne sportlich

Es rumort im Bobsport. Die italienischen Organisatoren der Olympischen Winterspiele 2026 in Milano–Cortina d’Ampezzo und das Internationale Olympische Komitee (IOC) beharken sich öffentlich über eine Bobbahn, die noch gebaut werden muss. Offiziell geht es um Nachhaltigkeit. Die Herren der olympischen Ringe drängen darauf, mit den Bob- und Schlittenwettbewerben in ein anderes Land auszuweichen, auf eine Bahn, die bereits existiert und in Betrieb ist. Die Italiener wollen lieber eine neue in die Natur fräsen. Denn nie zuvor fanden Wettkämpfe außerhalb des Gastgeberlandes statt. Am Freitag teilte die italienische Regierung mit, den Bauauftrag nun offiziell vergeben zu haben, Kostenpunkt: 80 Millionen Euro. Noch im Oktober 2023 hatten die Organisatoren ihre Pläne beerdigt, anstelle des stillgelegten alten Olympiaeiskanals einen neuen zu bauen. Das olympische Komitee warnt vor einer weiteren Bauruine, denn in Turin vergammelt bereits der Cesana Pariol. Das 1.435 Meter lange Betonmonster wurde 2006 wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele fertiggestellt. Seit 2011 ist es stillgelegt und dem Verfall preisgegeben. Auch in Sotschi (2014) und Pyeongchang (2018) stehen teure Eisrinnen, die in keiner Wettkampfliste mehr auftauchen und wohl allmählich von der Natur zurückerobert werden.

Fragt man ehemalige Bobsportler wie den Thüringer Peter Bock, der lange Zeit nach seiner aktiven Laufbahn als Techniker und Trainer wirkte und etwa die australische Frauenmannschaft während der Olympischen Spiele in Turin betreute, nach der Zukunft seines Sports, stößt man auf Skepsis. Bock hofft, dass auch weiterhin Wettkämpfe im Rodeln, Skeleton und Bob stattfinden werden. Deutschland sei im Bobsport schon immer führend gewesen. Enthusiasten errichteten erste Bahnen (1901 in Friedrichroda) und veranstalteten Rennen. Bis heute kommen aus der BRD (früher vor allem aus der DDR) hervorragende Trainer, Sportwissenschaftler und Betreuer. DDR-Bobs wurden im Multicarwerk Waltershausen (Thüringen) konstruiert und gebaut, später in der Flugzeugwerft in Dresden und nun im FES in Berlin. Wer professionell Bob fahren will, muss im Jahr für sein Gefährt mindestens 121.000 Euro ausgeben (z. B. für einen Satz Kufen 15.000 Euro, einen Bob 100.000 Euro, Startschuhe 1.120 Euro, Handschuhe 160 Euro, einen Helm 2.400 Euro).

Während in der diesjährigen Saison die altbekannten Herrenteams Francesco Friedrich und Johannes Lochner in den Zweier- und Viererbobwettkämpfen um die ersten Plätze streiten und bei den Frauen Laura Nolte und Kim Kalicki klar vorn liegen, muss man sich über neue Geldquellen Gedanken machen. Das Logistikunternehmen DHL scheidet als Hauptsponsor zur Saison 2024/25 aus, wie im November 2023 bekanntgegeben wurde. Das will erst einmal kompensiert werden. Der erste Weltcup der neuen Saison sollte in China stattfinden, da der Internationale Bob- und Skeletonverband (IBSF) versprochen hatte, dass nach Olympia fünf Jahre in Folge auf der verdammt teuren Bahn in Beijing-Yanqing (Baukosten: 500 Millionen Euro) internationale Rennen stattfinden sollen. Bei den Frauen gab es nur sieben Anmeldungen, und der Weltcup fiel ins Wasser. Ein Flug nach Beijing hätte das Nolte-Team zum Beispiel 10.000 Euro gekostet, wobei Unterkunft und Verpflegung noch nicht mit eingerechnet waren.

Bob- und Skeleton-Termine in der BRD: 12.2.–18.2.2024 Weltcup in Altenberg, 19.2.–3.3.2024 WM in Winterberg

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