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27.07.2023, 19:48:21 / Kapital & Arbeit

UNO: Klimakatastrophe in vollem Gang

Bis vor kurzem noch jenseits aller Vorstellungskraft: Ausgetrock
Bis vor kurzem noch jenseits aller Vorstellungskraft: Ausgetrockenete Loire in Montjean (26.7.2023)

New York. Angesichts der verheerenden Waldbrände, Hitzewellen, Stürme und Überschwemmungen in vielen Teilen der Welt hat sich die UNO zutiefst pessimistisch geäußert. »Der Klimawandel ist da. Er ist erschreckend«, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres am Donnerstag in New York. »Das Zeitalter des weltweiten Siedens (boiling, jW) ist angebrochen.« Wissenschaftler hatten zuvor erklärt, der Juli 2023 werde wohl alle bisher bekannten Hitzerekorde brechen. Der neue Chef des UN-Klimarats, der Brite Jim Skea, sagte, es sei nun klar, dass die Welt das Ziel einer maximalen Erderwärmung um 1,5 Grad reißen werde. Die Regierungen hätten keine Maßnahmen ergriffen, die ehrgeizig genug gewesen seien, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. »Das ist absolut sicher.«

Während der UN-Weltwetterdienst (WMO) den genannten Hitzerekord noch nicht ausrufen und bis zur Verfügbarkeit weiterer Daten warten wollte, ergab eine Analyse der Universität Leipzig, dass es im Juli so heiß war wie nie. EU-Daten zufolge wird die globale Durchschnittstemperatur in diesem Monat um mindestens 0,2 Grad höher sein als im Juli 2019, dem bisher wärmsten in der 174jährigen Beobachtungsgeschichte. Der Unterschied zwischen jetzt und 2019 sei so groß, dass man das schon jetzt mit Sicherheit sagen könne, sagte der Leipziger Klimaforscher Karsten Haustein.

Im Nordwesten Chinas etwa war es in einer Stadt zuletzt 52,2 Grad warm – solche Temperaturen waren in dem Land nie zuvor gemessen worden. Gröbere Klimahinweise aus Eisbohrkernen und Baumringen deuten darauf hin, dass es auf der Erde seit 120.000 Jahren nicht mehr so heiß war wie jetzt. Michael Mann, Klimaexperte an der Universität Pennsylvania, sagte, der Juli zeige auch, »dass sich die Erde weiter erwärmen wird, solange wir fossile Brennstoffe verbrennen«. Normalerweise liegt die globale Durchschnittstemperatur im Juli bei etwa 16 Grad – einschließlich des Winters auf der Südhalbkugel. Doch in diesem Juli ist sie auf fast 17 Grad gestiegen.

Die Entwicklung hängt auch damit zusammen, dass sich die Erde derzeit im sogenannten El-Niño-Zyklus befindet, bei dem das Wasser im östlichen Pazifik ungewöhnlich warm ist. Obwohl die Auswirkungen ihren Höhepunkt erst später in diesem und im kommenden Jahr erreichen dürften, habe El Niño bereits zum Temperaturanstieg beigetragen, sagte der Leipziger Experte Haustein. Auch die Oberfläche des Mittelmeers war in den vergangenen Tagen so warm wie nie zuvor.

Skea, der neue Chef des UN-Klimarats, sagte, die Pariser Klimaziele würden zumindest bis zu einem gewissen Grad überschritten. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Erde erwärmt habe, sei überraschend. »Und wenn wir keine weiteren Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen ergreifen, wird es noch schlimmer werden.« Dabei sei ein Aus für fossile Brennstoffe in einigen Bereichen wie der Luftfahrt und dem Güterverkehr nicht realistisch. Das bedeute, dass CO2 in Zukunft aus der Atmosphäre entfernt werden müsse. (Reuters/jW)