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16.07.2019, 18:47:39 / Inland

Uniklinik Heidelberg: »Führungsversagen, Machtmissbrauch, Eitelkeit«

»Erkennbar zu früh.« Der Chef der Frauenklinik war rechtzeitig g
»Erkennbar zu früh«: Der Chef der Frauenklinik war rechtzeitig gewarnt

Heidelberg. Eine ganze Reihe von Versäumnissen hat nach Überzeugung einer Untersuchungskommission zur verfrühten Vorstellung eines möglichen Brustkrebs-Bluttests an der Uniklinik Heidelberg geführt. Einer der Vorsitzenden der externen Kommission, der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner, sprach am Dienstag von »Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit« in der Klinik. Auf der übergeordneten Ebene habe falsch verstandene Wissenschaftsfreiheit dazu geführt, dass niemand die Pressekonferenz und Pressekampagne verhindert habe, über die der Test publik gemacht wurde. Die Kommission legte dem Aufsichtsrat der Uniklinik einen Zwischenbericht vor.

Mehrere Beteiligte hätten den Chef der Frauenklinik, Christof Sohn, vor der Pressekonferenz am 21. Februar vor der frühzeitigen Veröffentlichung gewarnt. »Sohn wusste von der mangelnden Validität der Testergebnisse«, sagte die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt, ebenfalls Vorsitzende der Kommission: »Die öffentliche Vorstellung des Bluttests erfolgte erkennbar zu früh.« Bei einem Drittel der Frauen sei mit dem Bluttest Krebs nicht erkannt worden und umgekehrt wurde bei einem Drittel gesunder Frauen fehlerhaft Krebs erkannt, sagte Kleiner. Das sei ein »dramatisch hoher Anteil«.

Das vom Aufsichtsrat der Uniklinik einberufene Gremium soll etwaiges Fehlverhalten aufdecken und Empfehlungen abgeben, um dieses künftig zu vermeiden. Sohn hatte den Test Fachwelt und Öffentlichkeit als bald marktreifes Verfahren zur Brustkrebs-Früherkennung vorgestellt. Kritiker warfen ihm vor, unbegründete Erwartungen zu wecken. (dpa/jW)