Leserbrief zum Artikel Strafvollzug: Humanität statt Haft
vom 23.10.2020:
Notwendiger Handlungsbedarf
Die Bilanz von Annelie Ramsbrock zur Frage der Resozialisierung in der Haft, die Volkmar Schöneburg in Auseinandersetzung damit in so treffender Weise auf den Punkt bringt, kann nur nachhaltig bestätigt werden. Nach bald 33 Jahren Strafverteidigertätigkeit kann ich als Praktiker bei fast wöchentlichem Umgang mit Strafgefangenen nur feststellen: Die Analyse ist mehr als zutreffend und zeigt überdeutlich, wieviel Handlungsbedarf beim Gesetzgeber trotz aller Veränderungen in den zurückliegenden Jahren noch besteht. Von einem modernen Strafvollzug und einer wirksamen Resozialisierung sind wir leider noch immer sehr weit entfernt. Vor allem erscheint die Festschreibung einer wirksameren äußeren Kontrolle des Vorgehens innerhalb der Strafvollzugseinrichtungen durch Gerichte geradezu überfällig. Die oftmals letztlich nur auf die Prüfung von Willkür und ermessensfehlerhaftem Gebrauch bei Entscheidungen über Vollzugslockerungen wie Urlaub, Ausgang etc. abgestellte Tätigkeit der Gerichte ist eindeutig zuwenig. Dieser Umstand bietet leider auch für die zuständigen JVA-Bediensteten Raum für eine mitunter wenig individuelle und sensible, aber dafür oft oberflächliche und pauschale Handhabung. Der Rechtsstaat sollte doch dafür Sorge tragen, dass solchen Verhältnissen entgegengetreten wird.