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Leserbrief zum Artikel Migrationspakt: Moria überall vom 24.09.2020:

Schande über EU

Mit Interesse habe ich den Artikel gelesen und vertrete zu dem Asylstreit nachfolgende Meinung: Außer einigen recht unklaren Aussagen zur Flüchtlingsproblematik der EU-Kommission konnte ich nichts erkennen, was das Los der Flüchtlinge und ihrer Kinder nachhaltig verbessert. Ein Moria ist also auch in Zukunft nicht ausgeschlossen. Eine verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen ist nicht vorgesehen, d. h. Ungarn, Polen und Österreich haben sich wieder durchgesetzt. Insgesamt handelt es sich wohl um Vorschläge, wie Europa sich am wirkungsvollsten vor Flüchtlingen an der eigenen Grenze schützen könnte. Dabei will Europa nur die geflüchteten Menschen nicht, die Rohstoffe (z. B. Gas und Öl) aus den Herkunftsländern sind weiterhin in Europa sehr willkommen.

Auch interessiert Europa wenig, unter welchen Bedingungen die Rohstoffe seit Jahrzehnten gefördert werden und wie sich deren Verkauf und Gewinnung auf die Arbeitsbedingungen und den Lebensstandard der einheimischen Bevölkerung auswirken. Natürlich waren auch die wirklichen Fluchtursachen, die endlosen Leidenswege der Geflüchteten und die unmenschlichen Lagerbedingungen der Geflüchteten für die EU-Kommission nicht von besonderem Interesse. Ebensowenig scheint es die EU-Kommission zu interessieren, dass christlich geprägte EU-Länder im Jahr 2020 Flüchtlinge lieber im Mittelmeer ertrinken lassen, als sie aufzunehmen und zu versorgen. Unser Innenminister Seehofer ist in dieser Beziehung ein besonders negatives Beispiel. In München demonstrierten Menschen für die Aufnahme von Migranten und kritisierten das Agieren der EU-Staaten. Auf einem Plakat stand geschrieben: »Schande über dich, EU«. Ich schließe mich der Aussage an. Natürlich ist es nicht verboten, auch als Nichtpolitiker einen Vorschlag zur tatsächlichen und langfristigen Lösung der Flüchtlingsproblematik zu unterbreiten. So schlage ich vor, die geplanten Milliarden für Rüstungsausgaben umzuwidmen in Ausgaben für eine moderne Infrastruktur, für Bildung, Gesundheitsvorsorge und für Gewerbe in den betroffenen Ländern. Da mit plötzlichen, nächtlichen, russischen Panzerangriffen aus den Weiten Sibiriens nicht zu rechnen ist, stünde das viele Steuergeld zur Verfügung. Den Protest der Rüstungskonzerne werden wir überleben. Sollten diese Rüstungsmilliarden nicht reichen, bin ich für Steuererleichterungen, die Konzerne extra erhalten, welche in den Flüchtlingsländern kurzfristig und zusätzlich eine angemessene Anzahl neuer Arbeitsplätze schaffen. Nur wenn sich in den Flüchtlingsländern die Lebensbedingungen kurzfristig und spürbar ändern, werden die Fluchtbewegungen aufhören. Noch mehr Stacheldraht, noch höhere Mauern oder Schießanlagen halten Flüchtlinge nicht ab. Wir Deutschen haben bekanntlich damit Erfahrungen.
Ich hoffe, die Partei Die Linke äußert sich laut und deutlich zu diesen Asylrechtsplänen der EU-Kommission.
Dr. Stephan Müller, Steinberg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 01.10.2020.
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