Leserbrief zum Artikel Antisemitismus: Jenseits der Grenze
vom 02.05.2020:
Kern linker Identität preisgegeben
Der Versuch des Verfassers von »Jenseits der Grenze«, die Warnung Achille Mbembes vor einer drastischen Eskalation der Vertreibung der Palästinenser durch Israel in die Nähe von Antisemitismus zu rücken, dient nicht der Antisemitismusbekämpfung, sondern dem Schutz deutsch-israelischer Staatsinteressen. Das zeigt nicht nur, dass der Verfasser in dem Beitrag alle bekannten Talking-Points der israelischen Staatspropaganda aufbietet, inklusive des israelischen Vorrechts, über dem Recht zu stehen, des »Existenzrechts Israels«. Noch deutlicher wird dies durch seine Affirmation des »israelbezogenen Antisemitismus«. Einer PR-Erfindung, um Israel zum Opfer der Diskriminierung (!) der Palästinenser zu erklären, die das tragende Element der staatlich betriebenen Kampagne zur Kriminalisierung der Palästinenser und der mit ihnen solidarischen Linken in Deutschland bildet; speziell der BDS-Kampagne, die »droht«, Israel von einem Kolonialstaat in eine Republik zu verwandeln. Warum betätigt sich die jW als Multiplikator einer staatlichen Kampagne, die sowohl den Kern linker Identität als auch die Glaubwürdigkeit der Antisemitismusbekämpfung bedroht?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 08.05.2020.