Leserbrief zum Artikel Zum Koalitionsvertrag der künftigen Regierungsparteien in Thüringen
vom 04.02.2020:
Kein »Unrechtsstaat«
Während bereits im Vorfeld der letzten Wahl in Thüringen die Bezeichnung der DDR als »Unrechtsstaat« für viel Wirbel und Diskussionen sorgte, findet sich diese Formulierung nunmehr im neuen Koalitionsvertrag mit noch mehr Deutlichkeit wieder. Leider wird dabei völlig ignoriert, was zahlreiche namhafte Juristen und auch die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages bereits vor Jahren feststellten, nämlich dass es diesen Begriff im Völkerrecht nicht gibt und demzufolge auch keine Definition mit prüfbaren Kriterien dafür existiert. Statt dessen werden erneut Teile der Wählerschaft, die in der DDR auf dem Boden der Gesetzlichkeit tätig waren, vor den Kopf gestoßen. Als Resümee wird am Ende des Koalitionsvertrages unter der Überschrift »Schlussfolgerungen aus dem DDR-Unrecht« festgehalten, dass die künftige Regierung nicht mit Organisationen zusammenarbeiten wird, »die das DDR-Unrecht relativieren«. Weiter heißt es: »Ebenso sollen Menschen, die leugnen, dass die DDR kein Rechtsstaat war, keine Verantwortung in der gemeinsamen politischen Arbeit für Thüringen wahrnehmen.« Das bedeutet letztlich Ausgrenzung. Es gab in der DDR zweifellos auch Unrecht, und heute erleben wir das leider auch, aber einem ganzen Staat seine rechtmäßige Existenz abzusprechen, ist nicht haltbar.