Leserbrief zum Artikel Fernsehen: Ein Bart für Kinder
vom 22.11.2019:
Knackpunkt Gastfreundschaft
Kollege Habel überschätzt sicher die Bedeutung des Wortes »Fernsehfunk« in der zweiten Strophe des Liedes, welches die Kinder zur Begrüßung des Sandmannes bis Ende 1991 gesungen hatten. Die Verbindung »Fernsehfunk« gleich »Deutscher Fernsehfunk« gleich »DDR-Fernsehen« – welches Kind sollte das je verstehen? Nein, das war nicht der Knackpunkt. Rudolf Mühlfenzl (CSU; ab 15.10.1990 als Rundfunkbeauftragter der neuen Bundesländer mit der »Abwicklung« des Fernseh- und Rundfunks der DDR beauftragt, jW) wollte seinerzeit den Sandmann ganz weghaben, ist aber an den Protesten von Kindern und Eltern gescheitert. Aber wenigstens die zweite Strophe konnte er wegzensieren. Die erfahrenen Radiergummis aus Goebbels’ Schreibstuben und ihre Lehrlinge, die Anfang der 90er die Medien der DDR übernommen hatten, wussten sehr wohl, welche Wirkung Sätze haben können, wenn sie Abend für Abend in den Wohnstuben dann auch noch von Sympathieträgern wiederholt werden.
Wie soll man da die rechte Politik machen und z. B. das Asylrecht abschaffen, und wie sollen aus den Kindern mal deutsche Herrenmenschen werden, wenn Eltern und Kinder jeden Abend »Sei unser Gast derweil« hören, finsterste DDR-Ideologie. Hier merkt doch jeder, den Menschen sollte Gastfreundschaft eingeimpft werden. Ein rechter Deutscher ist nicht gastfreundlich, es sei denn, man bezahlt dafür.
Lasst Euch also bitte nicht den Fernsehfunkbären aufbinden.
Wie soll man da die rechte Politik machen und z. B. das Asylrecht abschaffen, und wie sollen aus den Kindern mal deutsche Herrenmenschen werden, wenn Eltern und Kinder jeden Abend »Sei unser Gast derweil« hören, finsterste DDR-Ideologie. Hier merkt doch jeder, den Menschen sollte Gastfreundschaft eingeimpft werden. Ein rechter Deutscher ist nicht gastfreundlich, es sei denn, man bezahlt dafür.
Lasst Euch also bitte nicht den Fernsehfunkbären aufbinden.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.11.2019.