Leserbrief zum Artikel Auf Trump-Linie: »Uneingeschränkt« für Israel
vom 01.06.2019:
Nichts begriffen
Wer sich »uneingeschränkt« an die Seite der Regierung Israels stellt, tritt nicht wirklich für das Existenzrecht, sondern in Wahrheit für das Expansionsrecht Israels ein – im Gegensatz zu allen einschlägigen UN-Beschlüssen! Im übrigen kann eine Trennung zwischen unrechtmäßig in israelischen Siedlungen in der Westbank erzeugten »israelischen Produkten«, gegen deren Falschzertifizierung sich theoretisch auch die EU wendet, ohne praktisch viel zu tun, und »normalen« israelischen Produkten so gut wie nicht vorgenommen werden. Da erzeugt z. B. ein Unternehmen Arava im palästinenischen Jordantal Kräuter für den Export. Als »Produce of Israel«. Ein Verstoß gegen die WTO-Regeln. Aber als Sitz des Unternehmens wird Kirjat Truman genannt, ein Dorf, das 17 Kilometer von Tel Aviv entfernt liegt. Innerhalb der »grünen Linie« von 1949. »Relabeling« bzw. Falschzertifizierung ist Teil der israelischen Politik. Daher muss die BDS-Kampagne, wenn sie eine dem damaligen Antiapartheidkampf adäquate Wirkung erzielen will, ob sie will oder nicht, versuchen, alle einschlägigen Produkte Israels zu boykottieren! Im konkreten Fall solange, bis sie, wenn sie aus der Westbank kommen, korrekt als »Produce of Palestine« deklariert werden! D. h. solange, bis die Palästinenser ihren eignen Staat bekommen haben. Mit der faschistischen Judenverfolgung und dem Boykott jüdischer Geschäfte hat das überhaupt nichts zu tun! Damals richtete sich staatlich organisierter Terror gegen eine schutzlose Minderheit – heute geht es um eine maßvolle, gewaltfreie Politik gegen eine kompromisslose Annexionspolitik, die sich gegen die schutzlose arabisch-palästinenische Bevölkerung richtet. Wer das gleichsetzt, hat nichts begriffen bzw. will nichts begreifen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 04.06.2019.