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Leserbrief zum Artikel Wiglaf Droste (1961–2019): Hier war ich ja noch nie …! vom 17.05.2019:

Aufklärung statt Verklärung

Zum Tod von Wiglaf Droste habt ihr einen empathischen und sehr wertschätzenden Artikel veröffentlicht – das hat mich erfreut. Empört hingegen hat mich der darin enthaltene Satz »Droste schrieb noch im tiefsten Delirium wahrhaftiger als die auflagenstarken Betriebsliteraten«. (…) Ein entzugsbedingtes Delirium ist eine lebensbedrohliche medizinische Krisensituation und endet schlimmstenfalls tödlich. Betroffene kämpfen im Zweifel um ihr Leben und greifen sicherlich nicht zur Feder! Zum anderen wird durch die Formulierung einmal mehr die Mär verbreitet, Alkoholmissbrauch würde sich in irgendeiner Weise positiv auf kreative Prozesse auswirken – nachweislich ist das Gegenteil der Fall (…). Wiglaf Droste hat sich tragischerweise in die Gruppe der mindestens 75.000 Bürgerinnen und Bürger der BRD eingereiht, die Jahr für Jahr unmittelbar an den Folgen ihrer Alkoholsucht teilweise jämmerlich verrecken. Von einer fortschrittlichen Zeitung erwarte ich, dass über tödlich endende chronische Erkrankungen aufklärerisch berichtet wird – mit jeglicher Form von Relativierung und anekdotenhafter, rückblickend verharmlosender Erzählweise wird man weder den Betroffenen noch deren Angehörigen gerecht, die meistens über Jahre oder Jahrzehnte in koabhängiger Verbundenheit zu ihren Lieben ebenfalls durch die Hölle gegangen sind. Die »Krankenhemd-Geschichte« mag der einen/dem anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern – wer selbst einmal eine Entgiftungsstation eines Krankenhauses besucht hat, weiß um die alles andere als komische, grausame Realität dort. Ich plädiere nicht für eine alkoholabstinente Lebensweise (…) – jeder sollte das in Eigenverantwortung für sich entscheiden –, einen kritischen Umgang mit der Volksdroge Alkohol erwarte ich aber allemal. (…) In Zukunft bitte Aufklärung statt Verklärung, und lest doch nochmals nach, was unsere Klassiker schon vor über hundert Jahren zu diesem Thema zu Papier gebracht haben.
Michael Krause, Hamburg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 27.05.2019.
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