Gegründet 1947 Freitag, 26. April 2024, Nr. 98
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Kommentar: Pässe gefällig? vom 29.04.2019:

Humanitärer Schritt

Der inständig erwartete Erlass des russischen Präsidenten zum vereinfachten Verfahren, innerhalb von drei Monaten die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation zu erhalten, umfasst alle Bürger der ehemaligen Sowjetunion und ihre Kinder und nicht nur besondere Gruppen von Funktionsträgern der Donezker und Lugansker Volksrepubliken. Der Jubel war dort natürlich besonders groß. Die Älteren freuen sich auf »ihre« Rente, die ihnen die Ukraine verwehrt. Viele, die es nicht schaffen, den beschwerlichen Weg über die Grenze bis zu den Rentenstellen auf der ukrainischen Seite des »Kampfgebietes« zu bewältigen, brachen in Tränen der Freude aus. Die BBC World News sendeten dazu am 27. April 2019 einen Beitrag. Die Jungen freuen sich auf die Möglichkeit, endlich dem Krieg zu entkommen, auf soziale Absicherung, Gesundheitsversorgung und auch auf die Möglichkeit zu reisen. Denn ihr Pass taugte dafür nicht. Sie waren fünf Jahre de facto gefangen. Zudem können auch die schon in Russland lebenden, vor dem Krieg geflohenen Ukrainer, die »Arbeitsmigranten« und Studenten endlich mit der Staatsbürgerschaft auch alle politischen und sozialen Rechte erhalten. Es sind nach Schätzungen drei bis vier Millionen Menschen. Für mich ist der Erlass des russischen Präsidenten in erster Linie ein humanitärer Schritt. Es ist zu hoffen, dass Russland die Aufgaben bewältigt, die zu lösen sind. Und wenn es demographisch und ökonomisch aufwärts geht, kann das nur gut sein.
Für die nach »westlichen Werten« strebende Ukraine, deren Regierung und Oligarchen das Volk zielgerichtet verarmen ließen, nimmt der »Aderlass« existenzbedrohliche Ausmaße an. Schon jetzt sind viele vor allem junge Leute als »Gastarbeiter in Europa« tätig. Allein in Polen sollen es ca. zwei Millionen sein. Wenn aus dem Donbass noch mehr Menschen wegziehen und auch kriegsmüde Einwohner in den von der Ukraine kontrollierten Gebieten die russische Staatsbürgerschaft beantragen, dann wird die Ukraine diese Menschen wahrscheinlich für immer verlieren. Sie können ihre ukrainischen Pässe behalten. Aber wer will in einem Land leben, in dem zu den sozialen Grausamkeiten auch noch ein scharfes Verbot der Muttersprache kommt? Der neue Präsident der Ukraine, Wolodimir Selenskij, reagierte prompt und lud Russen ein, den ukrainischen Pass zu beantragen. Das Echo aus Moskau war positiv. Die Spaßvögel warnten schon mal: Vorsicht, wir gehen dann wählen!
Magdalene Westendorff, Eberswalde
Veröffentlicht in der jungen Welt am 02.05.2019.
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Guter Rat

    Es ist kein Streit zwischen Moskau und Kiew, es ist reine Machtpolitik. So wie einmal, wie auch erwähnt, die BRD die DDR wirtschaftlich ausbluten konnte. Adenauer sagte damals offen, als seine Bildung...
    Istvan Hidy