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Leserbrief zum Artikel Schülerdemos: Geheimdienst warnt: »Gefahr für uns alle« vom 17.04.2019:

Tief gesunken

Seit einigen Wochen bewegen die Freitagsdemos der Schüler die Gemüter von Politikern, Pädagogen und die Mainstreampresse. Je nachdem, wie verantwortungslos oder verantwortungsbewusst sie sich zur Zukunft der jungen Generation verhalten, fällt ihr Urteil aus. Ich freue mich über das Engagement der Schüler. Zu lange haben sie und auch wir Alten das Schicksal der Generationen nach uns den Profis überlassen und sollen es laut Christian Lindner auch weiterhin tun. Ich muss lange zurückdenken, wann ich einen ähnlich sinnentleerten Satz gehört habe. Vielleicht der von den »blühenden Landschaften« (Kohl) oder: »Sie kommen in eine moderne Gesellschaft.« (Gysi zur Wendezeit)
Spektakuläre Hubschrauberflüge im bunten Anorak über den Nordpol oder Unterschriften unter das Pariser Klimaabkommen sind genausowenig hilfreich wie nicht erfüllte Klimaziele oder der immer weiter hinausgeschobene Kohleausstieg und andere, zur Beruhigung der Bürger lauthals verkündete Maßnahmen. Um solche Versprechen einzulösen, müsste man sich mit der Industrie und der industriellen Landwirtschaft anlegen. Selbst wenn man dazu die nötige Kraft und den politischen Willen hätte, wer verbaut sich gern seine Zukunft wenn er oder sie aus der Politik ausscheidet oder ausscheiden muss? Das Gejammer über ausfallenden Unterricht, der ja die Schüler zukunftsfähig machen soll, kann man als glatte Heuchelei bezeichnen. Ohne Klimawandel – keine Zukunft. Wer zieht diejenigen zur Verantwortung, die durch eine verfehlte Schulpolitik und mit Hilfe der Schwarzen Null dafür sorgten, dass nicht ausreichend Lehrer ausgebildet und damit jährlich Tausende Unterrichtsstunden ausfallen müssen? Die Demos müssen wehtun. Die Krone setzte allerdings das Volk der Dichter und Denker ausgerechnet dem Politiker auf, der durch seine rigorose Sparpolitik diesen Zustand maßgeblich mitverursachte und wählte ihn Monate lang auf Platz eins der beliebtesten Politiker dieses Landes. Geht es noch tiefer?
Harry Pursche
Veröffentlicht in der jungen Welt am 24.04.2019.