Leserbrief zum Artikel Finanzkrise: Der Kulminationspunkt
vom 15.09.2018:
Blick auf China
In seinem Beitrag vom 15./16. September hat Lucas Zeise zur Pleite der Lehman-Bank 2008 eine präzise, eigenständige und überzeugende Analyse der weltweiten Wirtschaftskrise vorgelegt. Zutreffend stellt er fest, zu deren Bewältigung habe es ein gleichgerichtetes Handeln der kapitalistischen Staaten von einmaligem Ausmaß gegeben. Ein nichtkapitalistischer Staat war von dieser Krise ebenfalls stark betroffen: die Volksrepublik China. Sie hat diese Krise des Kapitals nicht genutzt, um sie zu verschärfen. China hat im Gegenteil dazu beigetragen, sie, nicht zuletzt im eigenen Interesse, zu bewältigen. Die Krisengefahr aber ist nicht gebannt. In den letzten zehn Jahren hat China seinen phänomenalen wirtschaftlichen Aufschwung fortgesetzt. Es möchte seine Exportstärke zwar behalten, ist aber nicht mehr in gleicher Weise auf sie angewiesen wie 2008. Wirtschaftliche Sanktionen der USA können konterkariert werden. Bei einer neuen Krise des weltweiten Kapitals könnte China auch zu anderen, krisenverschärfenden Maßnahmen greifen. Die Mittel dazu hätte es. Wer also nachdenkt über das zukünftige Verhalten von kapitalistischen Staaten, sollte beachten, dass die Welt nicht nur aus kapitalistischen Großmächten besteht.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 29.09.2018.