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Leserbrief zum Artikel Land und Wirtschaft: Wer Armut sät vom 11.06.2018:

Sozialistische Missachtung

Ein sehr interessanter Artikel, aber er ist nicht ganz kohärent. Anfangs wird die kapitalistische Industrialisierung der feudalistischen Landwirtschaft kritisiert, die zu Armut und Umweltzerstõrung führte, wobei leider nicht bemerkt wird, dass natürlich auch die Feudalordnung zuvor mit der Leibeigenschaft auch auf Ausbeutung ausgelegt war. Dann aber wird die sozialistische Industrialisierung relativ unkritisch dargestellt. Die führte zwar nicht zu Bauernarmut, jedoch war auch sie nicht gerade umweltfreundlich. Und dies nicht nur wegen einer »Missachtung der Umweltgesetzgebung« durch »leitende Funktionäre«, sondern und eher auch wegen des generellen sozialistischen Desinteresses am Umweltschutz und einer entsprechend laschen Gesetzgebung. Viele Ostdeutsche können sich sicher noch an die Massenhaltung von Geflügelvieh und Schweinen (Schweinepest), Monokulturen mit Ungezieferexplosionen (z. B. Kartoffelkäfer) und intensiven Pestizideinsatz, sauren Regen mit Waldsterben, total verseuchte (bunt kolorierte) Flüsse und Fischsterben, Luftverschmutzung durch Zweitaktautos und so weiter erinnern. Dies resultierte auch aus der sozialistischen Industrialisierung und dem generellen Vorrang von Arbeitsproduktivität vor dem Umweltschutz. Die von den Bürgerbewegungen im Jahre 1989 geforderte »ökologische Agrarproduktion« meinte das Abbrechen der sozialistischen Agrarindustrialisierung. Wie im Artikel beschrieben, war das Problem dabei nicht die Vergenossenschaftlichung, wohl aber die ungebremste Maschinisierung und der Glauben an die scheinbare (technische) »Beherrschung« der Natur. Kommunisten haben die Ausbeutung der Menschen im Auge und vergessen dabei oft die Ausbeutung der Natur, die aber zum Überleben der Menschheit genauso wichtig ist.
Jens Dossé

Kommentar jW:

Zu diesem Brief ging folgende Leserzuschrift ein:

Karl Marx hat die Menschheit und besonders die Kommunisten durchaus mehrfach und eindringlich zum Schutz der Natur aufgerufen. So war für ihn völlig klar, dass die Erde und die Arbeiter Springquelle allen Reichtums sind und deshalb bereits im Produktionsprozess die »Produktionsexkremente« auf ihr Minimum zu reduzieren (geschlossener Stoffkreislauf) und die dann noch verbleibenden Reste unmittelbar der »Vernutzung« bis zum Maximum zuzuführen sind. Die DDR-Kommunisten fanden jedoch nach 1945 massenhaft Technologien vor, die dem nicht entsprachen, obwohl das Kapital bereits mehrere hundert Jahre daran gearbeitet hatte. Weshalb sie vorzogen, diese Technologien nicht sofort zu modernisieren, um die in den Westen geflohenen Kapitalisten nicht zu beleidigen. Außerdem hatte die DDR bis 1961 dem Kapital 1,5 Millionen Fachkräfte, die dafür geeignet waren, noch nachgereicht.
Es gab allerdings auf den Trümmern des Deutschen Reiches noch mehr zu tun, was der Schreiber natürlich alles nicht wissen kann.
Die Idee der Kommunisten, die Kartoffelfelder eben wegen der Kartoffelkäfer mit Kohlrübenfeldern zu mischen, kam beim Volk nicht gut an, obwohl darüber aufgeklärt wurde, dass die meisten Deutschen im Ersten Weltkrieg die Winter mit Kohlrüben überlebt hatten.
Wo ist nur die Bürgerbewegung heute, wo sie doch die Freiheit und Menschenrechte, wie gewünscht, hat, wenn trotzdem weltweit fast eine Milliarde Menschen hungern muss?
Der Schreiber greift allerdings in die Grundrechte der Menschen ein, wenn er meint, dass die giftigen Stickoxide des Westens dem CO2 des Ostens vorzuziehen sind.
Vom französischen Sessel aus ein Sammelsurium von Einfällen, die jedem DDR-Bürger tiefe Freude bereiten würden.
Gerhard Ulbrich, per E-Mail

Veröffentlicht in der jungen Welt am 13.06.2018.
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Eklatante Rechtsbrüche

    Es ist sehr bedeutungsvoll, wenn wie in diesem Artikel zu den realen Leistungen der DDR berichtet wird. Als Zeitzeuge möchte ich ergänzen, dass der anfängliche Widerstand gegen die sozialistische Umge...
    Gerhard Ulbrich