Leserbrief zum Artikel Marx 200: Philosophie der Praxis
vom 02.05.2018:
Grundgesetz des Lebens
Es stimmt nicht, wenn eingangs gesagt wird: »Die Natur schaffen wir uns selbst, indem die Gattung Mensch sie ständig verändert«, und: »Wir können uns zu den Naturverhältnissen frei verhalten.« Spätestens seit Darwin sollten wir es besser wissen. Die von Darwin aufgedeckten Gesetzmäßigkeiten der Evolution haben ihren schließlichen Sinn und Zweck in der Anpassung. Sie sind umfassender als die von Marx, gelten auch für die Gattung Mensch (wenn auch in spezifischer Form), sind den von Marx aufgedeckten Gesetzmäßigkeiten übergeordnet. Das Gesetz der Anpassung ist das grundlegende Entwicklungsgesetz allen Lebens, auch des gesellschaftlichen, menschlichen. Eine Gattung, die nicht in der Lage – oder willens – ist, sich den Naturgesetzen anzupassen, geht unter. Und die gesellschaftliche Organisation des Menschen ist das Organ dieser Anpassung. Oder anders herum: Die gesellschaftliche Organisation des Menschen hat bei Strafe des Untergangs ihre Bedingung, ihre Funktion, ihre historische »Aufgabe« in der Anpassung an die Gesetzmäßigkeiten der Natur. So wird die gesellschaftliche Organisation des Menschen zur Probe darauf, ob der Mensch eine Fehlleistung der Natur ist oder nicht.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 03.05.2018.