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Leserbrief zum Artikel Forbes-Ranking: Die drei Typen von ganz oben vom 08.03.2018:

Kein Humanismus

Mindestens einmal im Jahr veröffentlicht das Magazin Forbes eine aktuelle Liste der reichsten Menschen auf der Welt. Und die hiesigen Medien, auch die öffentlich-rechtlichen, bemühen sich, die Ergebnisse der Studie so schnell wie möglich zu verbreiten. Damit wird dem Primat des Geldes in diesem Gesellschaftssystem Rechnung getragen und gehorcht. Gleichzeitig werden implizit »Reichwerden« und »Reichsein« als Lebensziele des modernen Menschen ausgegeben. Jedes Menschen, muss man sich da doch fragen? Im klassischen Altertum Europas galten humanistische Ideale. »Der Mensch steht im Mittelpunkt.« Dazu hätte gepasst, nach jeder Sonnenpassage des Tierkreises den größten Humanisten öffentlich zu benennen und zu ehren. Von solchen Maßstäben und Praktiken ist die heutige Welt Lichtjahre entfernt. Auch in den modernsten Formen des Kapitalismus werden die humanistischen Ideale des klassischen Altertums täglich verletzt. Denn unverkennbar stehen Geld und Gold im Fokus, wie jeder kurze Blick in die westlichen Nachrichtenkanäle beweist. Wird Menschlichkeit thematisiert, dann in der Regel über Spenden-Aktionen. D. h. selbst auf diesem Randfeld des gesellschaftlichen Interesses in den G-7-Staaten mogelt sich das Geld in den Vordergrund. Man wünschte sich eine Rückbesinnung auf die klassischen humanistischen Ideale. Das Engagement von Menschen für Menschen verdient einen deutlich höheren gesellschaftlichen Stellenwert. Angesichts solcher tatsächlichen humanistischen Werte denkt wirklich niemand an Konto-Stände. Wie das heute selbst bei den üblichen Sonntagsreden der staatstragenden Geldelite der Fall ist. Warum bemüht sich offenbar niemand darum, die größten Humanisten zu finden? Warum wird nicht wenigstens dazu umgeschwenkt, die größten Stifter oder Spender für charitative Zwecke, für die medizinische Forschung, für den Fortschritt der Menschheit öffentlich herauszustellen und global zu ehren? Ist denn der Mensch wirklich nach wie vor so primitiv, dass er/sie nicht viel mehr im Kopf behalten kann, als Geld zu zählen? Und daran Menschen zu messen?
Dr. Bernd-R. Paulke
Veröffentlicht in der jungen Welt am 14.03.2018.