Leserbrief zum Artikel Parteien: Kommunisten in Not
vom 25.08.2017:
Linke Sekten braucht keiner
Der Titel ist treffend. Ansonsten hätte Jana Frielinghaus gut daran getan, sich auch mit Vertretern der Parteiopposition in der DKP zu unterhalten. Dann hätte sie erfahren, dass nicht nur der Bezirk Südbayern Schwierigkeiten hat, die Mitglieder zur Teilnahme am Bundestagswahlkampf zu bewegen. Auch die Bezirke Rheinland-Pfalz, die Saar und nicht wenige Parteigruppen anderer Bezirke unterstützen die Kandidatur nicht. In mehreren Bezirken sind nicht einmal die nötigen Unterstützerunterschriften zustande gekommen, und auch die Einbeziehung parteiloser Kandidaten aus dem politischen Bewegungsspektrum blieb erfolglos. Unter solchen Voraussetzungen auf der Eigenkandidatur zu bestehen spricht für erheblichen Realitätsverlust. Und hier sind wir beim Grundthema der innerparteilichen Differenzen der DKP.
Das Programm der DKP von 2006 geht davon aus, dass unter den gegenwärtigen historischen Bedingungen die Beseitigung des Kapitalismus in einem revolutionären Akt nicht möglich ist. Dazu fehlen die notwendigen Voraussetzungen. Die Akzeptanz linker Parteien, vor allem marxistisch ausgerichteter, ist trotz aller Krisenerscheinungen des Kapitalismus unbefriedigend. In einer solchen Situation stellt sich nicht das Nahziel Sozialismus, sondern es geht um eine demokratische Übergangsprogrammatik, auch in der EU! Das hat nichts mit Illusionen über den Charakter dieser EU zu tun. Es gibt in der aktuellen Phase keine Alternative.
Die aktuelle Vertretung der Partei und vormalige Opposition sieht das seit längerem gründlich anders. In ihrem programmatischen (...) sogenannten 84er Papier forderten sie bereits 2012, »den Gegenangriff (zu) organisieren« und frontal auf den Kampf »Klasse gegen Klasse« zu orientieren. Wie man sieht, ist es bei der Verkennung der Realitäten geblieben.
Ein ziemlicher Bluff ist auch zu behaupten, »die vermutlich recht große Minderheit« bestreite die »Notwendigkeit einer Partei links von der sozialdemokratisch dominierten Linkspartei«. Die ca. 300 Unterzeichner des Netzwerk-Appells gehören fast ausnahmslos zum alten und aktiven Bestand dieser DKP. Das trifft besonders für die bayrischen Genossen um Leo Mayer und Walter Listl zu. Diese arbeiten im konservativen Bayern außerordentlich erfolgreich in Bündnissen und Gewerkschaften und liefern seit langem im Rahmen des ISW (Institut für soziale und ökologische Studien) unverzichtbare Beiträge zur Theorieentwicklung der DKP und der Linken.
Die aktuelle Zuspitzung in der Partei – und das verrät der Artikel nicht – ist erst eingetreten, als die Gruppe Köbele/Brenner auf dem 20. Parteitag 2014 ein Stalin-Revival und die Rückkehr zum Vor-Wende-Programm von 1978 versuchte. Die Weigerung, sich ernsthaft mit den Gründen des Zusammenbruchs des Realsozialismus in Europa auseinander zu setzen, gehört zu den Konstanten dieser Gruppierung. Darum auch die Rückkehr zum Terminus »marxistisch-leninistische Partei«, der noch 1989/90 in allen Ostblockparteien gängiger Sprachgebrauch war. Das hatte den einfachen Grund, dass den regierenden Parteien die Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit nicht opportun erschien. Zu weitreichend schienen die Folgen für Staat und Gesellschaft und nicht zuletzt für die kommunistischen Parteien selbst. Diese am Ende selbstzerstörerische Verweigerungshaltung der damaligen Parteiapparate pflegt auch die gegenwärtige Führung der DKP, wenn sie eine nostalgische Sicht auf den Realsozialismus einer kritischen Aufarbeitung der Fehler vorzieht und das Versagen einseitig als Werk der Konterrevolution mystifiziert.
Leugnung der transnationalen Realitäten in Europa, eine nostalgische Sicht auf den Realsozialismus plus Stalin-Renaissance – das dürfte kaum die gesuchte erfolgversprechende Polittherapie für diese DKP sein.
Schlussfolgerung: Wer die DKP als marxistische Partei mit revolutionärer Zielsetzung erhalten will, wird heute mit unterschiedlichen Auffassungen und Antworten leben müssen. Sie gehören zu einer KP, die sich ständig neuen Entwicklungen stellen muss, dazu. Wer das leugnet, statt dessen mit dogmatischen Verengungen, Unvereinbarkeitsbeschlüssen und Auflösung von Vorständen operiert, marschiert bereits in Richtung ML-Sekte. Aber die braucht keiner.
Das Programm der DKP von 2006 geht davon aus, dass unter den gegenwärtigen historischen Bedingungen die Beseitigung des Kapitalismus in einem revolutionären Akt nicht möglich ist. Dazu fehlen die notwendigen Voraussetzungen. Die Akzeptanz linker Parteien, vor allem marxistisch ausgerichteter, ist trotz aller Krisenerscheinungen des Kapitalismus unbefriedigend. In einer solchen Situation stellt sich nicht das Nahziel Sozialismus, sondern es geht um eine demokratische Übergangsprogrammatik, auch in der EU! Das hat nichts mit Illusionen über den Charakter dieser EU zu tun. Es gibt in der aktuellen Phase keine Alternative.
Die aktuelle Vertretung der Partei und vormalige Opposition sieht das seit längerem gründlich anders. In ihrem programmatischen (...) sogenannten 84er Papier forderten sie bereits 2012, »den Gegenangriff (zu) organisieren« und frontal auf den Kampf »Klasse gegen Klasse« zu orientieren. Wie man sieht, ist es bei der Verkennung der Realitäten geblieben.
Ein ziemlicher Bluff ist auch zu behaupten, »die vermutlich recht große Minderheit« bestreite die »Notwendigkeit einer Partei links von der sozialdemokratisch dominierten Linkspartei«. Die ca. 300 Unterzeichner des Netzwerk-Appells gehören fast ausnahmslos zum alten und aktiven Bestand dieser DKP. Das trifft besonders für die bayrischen Genossen um Leo Mayer und Walter Listl zu. Diese arbeiten im konservativen Bayern außerordentlich erfolgreich in Bündnissen und Gewerkschaften und liefern seit langem im Rahmen des ISW (Institut für soziale und ökologische Studien) unverzichtbare Beiträge zur Theorieentwicklung der DKP und der Linken.
Die aktuelle Zuspitzung in der Partei – und das verrät der Artikel nicht – ist erst eingetreten, als die Gruppe Köbele/Brenner auf dem 20. Parteitag 2014 ein Stalin-Revival und die Rückkehr zum Vor-Wende-Programm von 1978 versuchte. Die Weigerung, sich ernsthaft mit den Gründen des Zusammenbruchs des Realsozialismus in Europa auseinander zu setzen, gehört zu den Konstanten dieser Gruppierung. Darum auch die Rückkehr zum Terminus »marxistisch-leninistische Partei«, der noch 1989/90 in allen Ostblockparteien gängiger Sprachgebrauch war. Das hatte den einfachen Grund, dass den regierenden Parteien die Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit nicht opportun erschien. Zu weitreichend schienen die Folgen für Staat und Gesellschaft und nicht zuletzt für die kommunistischen Parteien selbst. Diese am Ende selbstzerstörerische Verweigerungshaltung der damaligen Parteiapparate pflegt auch die gegenwärtige Führung der DKP, wenn sie eine nostalgische Sicht auf den Realsozialismus einer kritischen Aufarbeitung der Fehler vorzieht und das Versagen einseitig als Werk der Konterrevolution mystifiziert.
Leugnung der transnationalen Realitäten in Europa, eine nostalgische Sicht auf den Realsozialismus plus Stalin-Renaissance – das dürfte kaum die gesuchte erfolgversprechende Polittherapie für diese DKP sein.
Schlussfolgerung: Wer die DKP als marxistische Partei mit revolutionärer Zielsetzung erhalten will, wird heute mit unterschiedlichen Auffassungen und Antworten leben müssen. Sie gehören zu einer KP, die sich ständig neuen Entwicklungen stellen muss, dazu. Wer das leugnet, statt dessen mit dogmatischen Verengungen, Unvereinbarkeitsbeschlüssen und Auflösung von Vorständen operiert, marschiert bereits in Richtung ML-Sekte. Aber die braucht keiner.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.08.2017.