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Aus: Ausgabe vom 07.05.2024, Seite 7 / Ausland
Mittelamerika

Panama wählt rechts

Sicherheitsminister José Raúl Mulino wird neuer Staats- und Regierungschef. Washington gratuliert
Von Volker Hermsdorf
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Gewinner der Präsidentschaftswahl: Exminister José Raúl Mulino (Panama-Stadt, 5.5.2024)

Mit der Wahl des ehemaligen Sicherheitsministers José Raúl Mulino zu Panamas neuem Staats- und Regierungschef ist Lateinamerika nach den Siegen der Rechten in Argentinien und Ecuador wieder ein Stück weiter nach rechts gerückt. Der 64jährige Protegé des Expräsidenten Ricardo Martinelli erhielt bis Sonntag abend (Ortszeit) laut der Wahlbehörde rund 34 Prozent der Stimmen. Als nächstplazierte Kandidaten folgten Ricardo Lombana mit 24,8 und Martín Torrijos mit 16 Prozent. Die für die linke Partei »Frente Amplio por la Democracia« angetretene Wirtschaftswissenschaftlerin Maribel Gordón Calderón landete mit 1,07 Prozent auf dem vorletzten Platz der acht Bewerber. Sie hatte sich im Wahlkampf für »die Abschaffung des Systems der Monopole und Oligopole in den Bereichen Medizin, Lebensmittel und Treibstoff« eingesetzt und den Neoliberalismus als »Auslaufmodell, das der panamaischen Bevölkerung schadet«, bezeichnet.

Der Wahlsieger war zunächst als Ersatz für den disqualifizierten ehemaligen Präsidenten Ricardo Martinelli nominiert worden, für den er als Vize der rechten Parteien »Realizando Metas« (RM) und Partido Alianza (PA) angetreten war. Martinelli zog seine Kandidatur aber zurück, nachdem er die Berufung gegen ein Urteil zu knapp elf Jahren Gefängnis wegen Geldwäsche verloren und in der nicaraguanischen Botschaft um Asyl gebeten hatte. Unter ihm war Mulino unter anderem Sicherheitsminister und diente zudem als Außen- und Justizminister. In dieser Zeit sei er »für symbolträchtige Repressionen gegen soziale Proteste, wie etwa 2010 in Bocas del Toro, bei der die Gewerkschaftsführer Antonio Smith und Virgilio Castillo ums Leben kamen«, verantwortlich gewesen, erinnerte das Onlineportal Resumen Latinoamericano am Sonntag. Sein autoritäres Profil werde zudem durch jüngste Äußerungen unterstrichen, in denen er vorschlug, den Dschungel von Darién an der panamaischen Grenze zu Kolumbien zu »schließen«, durch den jedes Jahr Hunderttausende von Migranten aus der Karibik und Südamerika flüchten, um in die Vereinigten Staaten zu gelangen. In den Jahren 2015 und 2016 verbrachte Mulino wegen Korruptionsvorwürfen einige Monate in Untersuchungshaft, wurde jedoch wegen eines Formfehlers freigesprochen.

Insgesamt waren gut drei Millionen Berechtigte zur Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten, der 71 Abgeordneten der Nationalversammlung, der 20 Abgeordneten des in Guatemala-Stadt sitzenden Zentralamerikanischen Parlaments sowie von Bürgermeistern, Gemeindevertretern und Ratsmitgliedern aufgerufen. Die neuen Amtsinhaber werden ihre Posten am 1. Juli für eine fünfjährige Amtszeit antreten. Im Parlament wird Mulinos Regierung keine eigene Mehrheit haben und muss über Gesetzentwürfe mit fünf Oppositionsparteien und zwei unabhängigen Listen verhandeln.

In seiner ersten Rede nach der Wahl kündigte der künftige Präsident eine »Regierung der nationalen Einheit« an. Außenpolitisch gilt er als Vertrauter Washingtons. Als eines der ersten Länder hatten die USA Mulino zum Sieg gratuliert. »Wir werden unsere Zusammenarbeit als Verbündete und Partner, die sich für Sicherheit, Wohlstand und Demokratie in der Region einsetzen, weiter verstärken«, teilte die US-Botschaft am Montag mit. Das linke Portal Resumen Latinoamericano bedauerte dagegen, dass sich mit dem Ergebnis dieser Wahl »der Vormarsch der Rechten in verschiedenen Ländern des Kontinents immer weiter ausbreitet. Mit ihr kommt das US-Südkommando, die Politik des Hungers für viele und der unersättlichen Bereicherung für eine Minderheit der Wirtschaftsoligarchie.«

Unter dem ebenfalls US-freundlichen scheidenden Präsidenten Laurentino Cortizo galt Panama zwar als wirtschaftlich stabil, wurde zugleich aber zu einem der Länder mit der größten sozialen Ungleichheit in der Welt. Hohe Lebenshaltungskosten bei zunehmender Armut führten in den vergangenen Jahren zu den größten sozialen Protesten seit dem Widerstand gegen die US-Invasion von 1989. Fast 50 Prozent der Bevölkerung arbeiten laut der Gewerkschaft Untracs im informellen Sektor.

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