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Aus: Ausgabe vom 07.05.2024, Seite 2 / Ausland
Krieg gegen Gaza

Flucht ins Nirgendwo

Invasion in Rafah beginnt: Hunderttausend sollen sich in »Sicherheit« bringen
Von Ina Sembdner
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Hin- und hergetrieben: Fliehende Palästinenser am Montag in Rafah

Sie leben seit Monaten in Dreck und Wassermassen, hungern und müssen nun erneut fliehen. Zunächst sind rund 100.000 der insgesamt 1,2 Millionen Menschen der an der Grenze zu Ägypten gelegenen Stadt Rafah im Gazastreifen seit Montag morgen aufgerufen, sich in »Sicherheit« zu bringen. In der Nacht hatte Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant den Beginn des Militäreinsatzes mit der Ablehnung des Verhandlungsangebots durch die palästinensische Organisation Hamas begründet. Die hatte wiederholt ein festgeschriebenes Ende des Krieges gefordert, was von Tel Aviv abgelehnt wird.

Vom Regen gepeitscht und aus Angst vor einer weiteren Intensivierung der israelischen Bombenangriffe auf die zuvor als »sicher« deklarierte Stadt im Süden, verließen verzweifelte Palästinenser am Montag ihre durchnässten Zeltlager. Einige luden Kinder und Habseligkeiten auf Eselskarren, andere stiegen in Autos, wieder andere gingen einfach zu Fuß, wie Reuters berichtete. Ein Großteil der Küstenenklave ist nach sieben Monaten Krieg zerstört, und Abu Ahmed erklärte exemplarisch gegenüber der Agentur: »Die israelische Besatzung sagte den Menschen, sie sollten nach Rafah gehen, das sei ein sicheres Gebiet. Heute sagen sie uns, wir sollen aus Rafah verschwinden. Wohin sollen die Menschen gehen?« Nach Ansicht Israels – unter anderem durch Flugblätter kundgetan – in eine 20 Kilometer entfernte »erweiterte humanitäre Zone« nahe der Stadt Khan Junis.

In dem zu räumenden Areal befinden sich das zentrale Krankenhaus der Stadt sowie die Grenzübergänge Rafah und der von Israel betriebene Kerem Schalom. Die beiden Übergänge sind für den Warenfluss in die Enklave von entscheidender Bedeutung. Online zirkulierten – auch von der UN-Menschenrechtsbeauftragten Francesca Albanese verbreitet – Bilder von kilometerlangen Lkw-Schlangen auf ägyptischer Seite, deren Hilfsgüter von israelischer Seite blockiert werden. Von Armeeseite war nun zu hören, dass es im ausgewiesenen Bereich für die Vertriebenen Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente gebe und die Versorgung der Bevölkerung mit humanitären Hilfsgütern »während des Räumungseinsatzes ungehindert weitergehen« werde. Das UN-Palästinenserhilfswerk verweigert indes eine »Evakuierung«: »Die Organisation wird so lange wie möglich in Rafah präsent bleiben und den Menschen weiterhin lebensrettende Hilfe leisten«, schrieb UNRWA auf X.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (7. Mai 2024 um 14:36 Uhr)
    Nach Berichten von Reuters und alJazeera sieht der von der Hamas akzeptierte Vorschlag des Friedensvermittlers aus Katar und Ägypten ein dreistufiges Vorgehen vor. Jede Phase der Waffenruhe soll 42 Tage dauern. In der ersten Phase sollen israelische Geiseln und palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. Anschließend soll sich Israel komplett aus dem Gazastreifen zurückziehen. Schließlich soll die Blockade des Gazastreifens aufgehoben werden. Diese Informationen wurden von Khalil al-Haya, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Hamas im Gazastreifen, bekannt gegeben. Im Gazastreifen brachen spontane Feierlichkeiten auf der Straße aus, als die Hamas am Abend ankündigte, eine Feuerpause zu akzeptieren. In Tel Aviv blockierten hingegen Hunderte von Menschen die Straße vor dem Hauptquartier der israelischen Streitkräfte und forderten ein sofortiges Abkommen zur Befreiung der verbleibenden Geiseln. Einige ehemalige jüdische Siedler, die im Rahmen eines Bevölkerungsaustauschs aus dem Gazastreifen umgesiedelt wurden, behaupten jedoch heutzutage weiterhin: »Nach dem Krieg muss der gesamte Gazastreifen von Juden bewohnt werden, weil das unser Land ist und die Juden ein auserwähltes Volk sind – das müssen wir den Arabern zeigen.« Die Palästinenser könnten doch auch in andere arabische Länder ziehen. »Die Araber haben über zwanzig Staaten, wir Juden haben nur diesen einen.« Mit dieser Ansichten weiterhin kein Frieden in Sicht!»

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