4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 23.04.2024, Seite 4 / Inland
Feindbildpflege

BRD im Agentenfieber

Drei Deutsche wegen angeblicher Wissenschaftsspionage für China festgenommen
Von Kristian Stemmler
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So oder so ähnlich könnten die Verdächtigen an sensible Infos für den Feind gelangt sein (Symbolbild)

Gestern Russland, heute China – der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) hat zum Wochenanfang mit neuen Spionagevorwürfen dafür gesorgt, dass die mediale Feindbildpflege nahtlos fortgesetzt werden kann. In der vergangenen Woche hatte die Karlsruher Behörde die Festnahme zweier Personen verkündet, die sie der Vorbereitung von Sabotageakten im Auftrag von Russland beschuldigt. Am Montag ließ man nun drei Deutsche festnehmen, die verdächtigt werden, für den chinesischen Geheimdienst spioniert zu haben. Laut GBA sollen sie Informationen über militärisch nutzbare Technologien gesammelt und weitergegeben haben. Parallel erhob die britische Polizei am Montag Anklage gegen zwei Männer, die für China spioniert haben sollen.

Beamte des Bundeskriminalamtes nahmen die Beschuldigen – Thomas R. aus dem hessischen Bad Homburg und das Düsseldorfer Ehepaar Herwig und Ina F. – laut Mitteilung am Montag morgen an ihren Wohnorten fest. Ihre Wohn- und Geschäftsräume wurden durchsucht. Das Trio sei »dringend verdächtig, seit einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor Juni 2022 für einen chinesischen Geheimdienst tätig zu sein«. Am Montag und Dienstag sollten die Beschuldigten dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden.

Hauptbeschuldigter ist Thomas R. Dieser soll laut GBA als Agent für einen Mitarbeiter des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit (MSS) agiert haben. Für jenen habe er Informationen zu »militärisch nutzbaren innovativen Technologien« beschafft. Die Firma des Ehepaars in Düsseldorf habe als »Medium zur Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Personen aus der deutschen Wissenschaft und Forschung gedient«. So hätten die Eheleute über ihr Unternehmen ein Kooperationsabkommen mit einer deutschen Universität »zum Wissenschaftstransfer« geschlossen.

Bei der Kooperation ging es demnach um die Erstellung einer Studie für einen chinesischen Vertragspartner, bei dem es sich um den Geheimdienstmitarbeiter gehandelt habe. Die Studie befasste sich mit der Technik von Maschinenteilen, die auch für den Betrieb leistungsstarker Schiffsmotoren, etwa in Kriegsschiffen, eingesetzt werden. Zum Zeitpunkt ihrer Festnahme hätten sich die Beschuldigten in weiteren Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die »zum Ausbau insbesondere der maritimen Kampfkraft Chinas« nützlich sein könnten. Daneben wird ihnen ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen. Sie sollen im Auftrag des MSS von Deutschland aus einen Speziallaser angeschafft und nach China ausgeführt haben, obwohl dieser unter die sogenannte Dual-Use-Verordnung der EU fällt – also auch militärisch nutzbar ist – und für seine Ausfuhr daher eine Genehmigung notwendig ist.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bejubelte die Festnahmen als »großen Erfolg unserer Spionageabwehr«. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang erklärte der dpa, man sei dem Trio »sehr frühzeitig auf die Spur gekommen«. Solche Fälle seien nicht nur typisch für China, sondern auch für andere Staaten wie Iran, Nordkorea oder Russland. Die Bundesregierung erwägt unterdessen eine Reaktion auf den Vorgang. »Wir werden uns diesen konkreten Fall sehr genau angucken und dann entsprechend auch darauf reagieren«, sagte eine Sprecherin in Berlin.

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