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Aus: Ausgabe vom 13.04.2024, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Auf dem chinesischen Acker

Von Arnold Schölzel
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Am Freitag meldet Redakteur Gordon Repinski im Politico-News­letter: »Baerbock handzahm«. Anders als vor der letzten China-Reise von Olaf Scholz habe es dieses Mal keine Konflikte zwischen Außenministerin und Kanzler gegeben. Gemeint sind Kopfnote und Ermahnung, die Baerbock im November 2022 aus dem usbekischen Taschkent dem Sozialdemokraten erteilte: Den Zeitpunkt seiner Reise habe er ja allein entschieden, jetzt komme es darauf an, »die Botschaften, die wir gemeinsam festgelegt haben im Koalitionsvertrag«, auch in ­China »deutlich zu machen«. So wie sie das in Zentralasien tue.

Repinski hat dann aber doch noch etwas Aktuelles gefunden: Am Donnerstag habe Baerbock Beijing aufgefordert, »nicht die russische Rüstungsindustrie zu unterstützen – weder direkt noch indirekt, etwa über Waffenlieferungen aus Nordkorea oder dem Iran«. Das würde auch »die eigene Sicherheit als Europäer gefährden, weil Putin immer wieder in den letzten zwei Jahren deutlich gemacht hat, die Ukraine sei nur der Anfang«.

Scholz wird sich anstrengen müssen, um auf seiner Reise in die Volksrepublik bis Dienstag die Herrenvolksprache seiner Ministerin zu erreichen. Er ist laut Zeit mit zwölf Konzernchefs unterwegs, »darunter die von VW, BMW, Mercedes, BASF und Siemens«. VWs Umsatz, ist zu lesen, findet zu 40 Prozent in China statt, bei Siemens sind es zwölf Prozent. Die Zeit schreibt: »BASF, der weltgrößte Chemiekonzern, zieht gerade im südchinesischen Zhanjiang für zehn Milliarden Euro eine Art Kopie seines Stammsitzes in Ludwigshafen hoch.«

Das alles gefällt der Parteiführung von Bündnis 90/Die Grünen nicht. Die FAZ meldet am Donnerstag: »Von den Grünen kommt im Vorfeld der Reise Druck, den in der China-Strategie niedergeschriebenen Kurs der Risikoreduzierung (›Derisking‹) beizubehalten, ihn eher noch zu verstärken. ›Wir haben bei Russland schmerzhaft gesehen, welche Auswirkungen Abhängigkeiten von autokratischen Regimen haben können‹, sagte Koparteichef Omid Nouripour der FAZ.« Das erreicht die Konzernchefs offenbar einfach nicht. Laut FAZ steigen die deutschen Direktinvestitionen in China sogar – »gegen den allgemeinen Trend«. Mercedes-Chef Ola Källenius habe unlängst gesagt, Derisking bedeute für ihn, mehr in China zu investieren. Noch klarer formuliert es der frühere Chef der Europäischen Handelskammer in China, der Unternehmer Jörg Wuttke, gegenüber der Zeitung: Die deutsche Industrie habe sich für »Fight statt Flight entschieden«. Und: »Keiner macht sich vom Acker.« Außerdem, zitiert die FAZ einen chinesischen Journalisten, brauche die Volksrepublik die EU dringend als Absatzmarkt.

Am Freitag ist nach dem Intermezzo mit den Interessen des deutschen Großkapitals in der FAZ die Welt wieder in der gewohnten US-Kriegsordnung. Kommentator Peter Sturm würdigt unter der Schlagzeile »China im Blick« den Besuch des japanischen Regierungschefs Kishida Fumio in Washington und hat wieder einmal die westliche Universallösung für alle Weltprobleme zu vermelden: »Japan will und soll militärisch stärker werden und dazu auch die internationale Zusammenarbeit intensivieren.« Am selben Tag alarmiert im Feuilleton Redakteurin Kira Kramer: »Das größte Desinformationsnetzwerk der Welt ›Spamouflage‹ überschwemmt von China aus das Internet. Nun mischt es im US-Wahlkampf mit.« Und: »Wie es aussieht, steht China kurz davor, das Spielfeld der globalen Information aufzurollen.«

Heißt: Der Chines’ ist überall, und die Amis mit ihrer NSA und CIA und Apple, Meta oder Alphabet sind Totalversager. Olaf Scholz weiß von nichts – Annalena, du musst ihm und den Döspaddels von der deutschen Industrie erneut aus der Ferne sagen, was hier läuft.

Der Chines’ ist überall, und die Amis mit ihrer NSA und CIA und Apple, Meta oder Alphabet sind Totalversager. Olaf Scholz weiß von nichts – Annalena, du musst ihm und den Döspaddels von der deutschen Industrie erneut aus der Ferne sagen, was hier läuft.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (15. April 2024 um 14:03 Uhr)
    Handel und Wandel! Die Kluft zwischen politisch-demagogischen Meinungen und der Realität der Wirtschaft. Es scheint, als ob die mediale Berichterstattung oft von ideologischen Überlegungen geprägt ist, während die Realwirtschaft, von der unser Lebensunterhalt abhängt, sich den tatsächlichen Gegebenheiten stellen muss. Der Einfluss des chinesischen Marktes auf unsere Zukunft ist bereits spürbar und wird zweifellos weiterhin stark sein. Es wäre interessant zu betonen, dass eine ausgewogene und realistische Herangehensweise erforderlich ist, um die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der zunehmenden Globalisierung und dem Einfluss Chinas ergeben, effektiv anzugehen.

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