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Aus: Ausgabe vom 10.05.2024, Seite 5 / Inland
Warenhauskette

Investitionsstau überschminkt

Galeria Karstadt-Kaufhof: Kürzerer Name und mehr Kosmetik sollen Zukunft sichern, neue Eigentümer halten sich bedeckt
Von Gudrun Giese
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Bis August will das Management 16 weitere Filialen und 1.400 Beschäftigte losgeworden sein

Viel Kosmetik plant das Management der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK) für die Zeit nach der Übernahme durch die neuen Eigentümer. Das fängt beim Namen an, der künftig schlicht »Galeria« lauten soll, und reicht bis zum Sortiment: Parfüm und Make-up sollen bald eine ebenso zentrale Rolle spielen wie Schuhe, Wäsche oder Handtaschen.

An der so geplanten Neuaufstellung der Kette, die bis vor kurzem zum Signa-Konzern des Immobilienspekulanten René Benko gehörte, arbeiten derzeit vor allem Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und GKK-Geschäftsführer Olivier Van den Bossche. Die Belegschaft wurde zu den Vorentscheidungen nicht näher befragt, obwohl sie vermutlich eine Menge zu Kundenwünschen und erfolgreichen Sortimenten hätte beitragen können. Ob die neuen Eigentümer Richard Baker und Bernd Beetz eventuell andere Pläne haben, ist unklar. Bakers US-Investmentgesellschaft NRDC hält bereits Anteile an der Warenhauskette Hudson’s Bay Company, Beetz gehört die Beteiligungsfirma BB Kapital SA. Die beiden werden GKK ohnehin nur übernehmen, sofern die Gläubiger am 28. Mai bei einer Versammlung in Essen dem Insolvenzplan zustimmen, der anschließend auch noch vom zuständigen Amtsgericht bestätigt werden muss.

Insolvenzverwalter Denkhaus scheint allerdings überzeugt davon, dass seine Vorschläge abgenickt werden. Er will die derzeit noch 92 Warenhäuser bis Ende Juli an Baker und Beetz übergeben. Bis dahin soll bereits der gekürzte Name an den Fassaden der Filialen prangen und nichts mehr an die fast 150jährige Geschichte der Warenhausketten Karstadt und Kaufhof erinnern. Denkhaus wies darauf hin, dass die drei Insolvenzverfahren der zurückliegenden dreieinhalb Jahre eng mit den alten Namen verknüpft gewesen seien und man nun »einen alten Zopf« abschneiden wolle. Als alte Zöpfe gelten ihm offenbar auch Nähnadeln, Fahrradschläuche und Bücher, die künftig nach und nach aus den Sortimenten verschwinden sollen, zugunsten von Duftwasser und Co. Derzeit läuft das Geschäft in den Filialen laut Insolvenzverwalter profitabel. »Das wird sich steigern, wenn wir im August die alten Mieten los sind.«

Bis August will das Management auch 16 weitere Filialen und 1.400 Beschäftigte losgeworden sein. Angeblich laufen im Moment noch Gespräche über die Fortführung einiger dieser GKK-Häuser, für die Denkhaus jedoch bislang nicht die erforderlichen Mietsenkungen hat durchsetzen können. Während der Zeit im Signa-Konzern hatten Mietlasten von bis zu 30 Prozent des Umsatzes das Warenhausgeschäft immer unrentabler werden lassen.

Mit dem neuen Konzept befinde sich Galeria auf einem guten Weg in eine sichere Zukunft, meint der Insolvenzverwalter. Und Warenhauschef Van den Bossche sorgt nach eigener Einschätzung derzeit frohgemut dafür, dass »jede Filiale autonom profitabel ist und eigenen Cashflow generieren kann«, wie er gegenüber dpa erklärte.

Ohne erhebliche Investitionen sei die sichere Zukunft für Galeria allerdings nicht zu haben, stellte das Management bei allem Optimismus klar. Viele Filialen müssten umgebaut und modernisiert werden, auf Kosten der neuen Eigentümer. Diese haben sich bisher weder zu den neuen Planungen noch zur Höhe ihrer Investitionen geäußert. Einen erheblichen Investitionsstau hat Carsten Kortum festgestellt, Wirtschaftsprofessor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Nur zehn der verbleibenden 76 Warenhäuser seien in letzter Zeit saniert worden. Für die übrigen 66 Häuser, die zumeist aus den 50er und 60er Jahren stammen, müsse insgesamt mehr als eine Milliarde Euro aufgewendet werden. Mit diesen Mitteln auf den neuesten Stand gebracht, könnten die Häuser so begehrt sein wie die des Modehändlers Breuninger oder der US-Kaufhauskette Macy’s, für die Investoren kürzlich mehr als 6,1 Milliarden Euro geboten hätten.

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (10. Mai 2024 um 13:11 Uhr)
    Da wir im Kapitalismus leben, wäre eine marktwirtschaftliche Lösung angebracht. Deshalb, liebe Onlineshopper, verlasst das Internet, strömt zu Galeria Karstadt-Kaufhof oder wählt wenigstens https://www.galeria.de/ und kauft dortselbst alle Ladenhüter auf, die ‘raus müssen. Dann hat GKK genug Zeit und Geld, eine gründliche Analyse der Kundenwünsche vorzunehmen, wie es bei der erfolgreicheren Konkurrenz üblich ist. Dann würden sich der Artikel und die darin enthaltenen Ratschläge erübrigen!

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