4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 25.04.2024, Seite 8 / Ansichten

Sozialstaat des Tages: Oregon

Von Felix Bartels
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Vorschlag zur Güte: Den Supreme Court in ein Obdachlosenheim verwandeln

Wie einfach manches scheint, wenn man supreme ist. Und wie schwer, wenn man unten lebt. Sollnse doch Kuchen essen. Die handverlesenen Richter des Obersten Courts der USA sind in dieser Woche mit einer Frage befasst, die weit von ihrer Lebenswirklichkeit siedelt: Sie haben über Strafmaßnahmen gegen Menschen zu entscheiden, die unter freiem Himmel schlafen. Nein, nicht Surfer mit Bulli – Obdachlose, die das Stadtbild empfindlich stören.

Armut bekämpft man am besten, indem man die Armen bekämpft. Und immerhin ist auch Milliardären verboten, in Parkanlagen zu campieren. So ähnlich könnte es in den Obersten Richtern denken. Gerade in seiner jetzigen Zusammensetzung hat der Supreme Court wiederholt demonstriert, dass er auf die Wirklichkeit der Vereinigten Staaten eine spezielle Sicht pflegt. Den Anfang nahm der Rechtsstreit im Bundesstaat Oregon. Die Stadt Grants Pass zeigte sich entschlossen, Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Was der Verwaltung einfiel, war nicht die Besserung sozialer Bezüge oder der Situation um eingerichtete Schlafstätten, sondern ein Ordnungsgeld von 295 Dollar. Das Urteil des Obersten Gerichts könnte Konsequenzen für obdachlos lebende Menschen im ganzen Land haben.

Die Zahl der Obdachlosen in den USA ist infolge von Lohnentwicklung, hohen Mieten und Wohnungsmangel im letzten Jahr deutlich gestiegen. Im Januar 2023 lag sie nach Angaben des Wohnungsbauministeriums bei einem Rekordstand von 653.100, zwölf Prozent höher als im Vorjahr. In vielen Städten schlafen Obdachlose schlicht deswegen an öffentlichen Flecken, weil sie keine andere Wahl haben. Grants Pass überlässt die Haltung von Unterkünften für Menschen ohne Wohnung vollständig privaten Betreibern.

Freiheit, wie sie sich unterhalb einer bestimmten Einkommensschwelle anfühlt. Du hast die Wahl: Stirb oder stirb.

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