4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 23.04.2024, Seite 16 / Sport
Radsport

Alle reden übers Wetter

Wege der Klassiker: Eine eindrucksvolle Flèche Wallonne und Dominoeffekte bei Lüttich–Bastogne–Lüttich
Von Holger Römers
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Teure Räder im Regen: Am Start von La Flèche Wallonne (17.4.2024)

Während das Wetter für andere nur ein Ärgernis ist, hat es den Radsportfans immerhin eine eindrucksvolle Flèche Wallonne beschert. Am Mittwoch zeigte sich, dass manche Fahrertypen bei Starkregen, Hagel und Schnee aufblühen. Bei der 88. Austragung des Männerrennens mochte niemand von UAE Team Emirates oder Ineos Grenadiers (inklusive der Mitfavoriten Marc Hirschi und Thomas Pidcock) die 198-Kilometer-Strecke zu Ende fahren, doch Uno-X Mobility dominierte zu sechst das Finale.

Gefährlich unterkühlt

Schließlich konnte aber nicht einmal das Wetter die Dramaturgie dieses Ardennenklassikers durcheinanderwirbeln. Wie immer waren die letzten paar hundert Meter der grotesk steilen »Mauer« von Huy entscheidend, auf denen diesmal der 27jährige Brite Stephen Williams (Israel-Premier Tech) Kévin Vauquelin (Arkéa-B&B Hotels) und Maxim Van Gils (Lotto Dstny) abhängte. Diese Zusammensetzung des Podiums war überraschend, wohingegen man schon vorm 27. Frauenrennen hatte ahnen können, dass Katarzyna Niewiadoma (Canyon Sram Racing), Demi Vollering (Team SD Worx-Protime) und Elisa Longo Borghini (Lidl-Trek) die vordersten Ränge belegen würden. Unerwartet war nach 146 Kilometern nur die Reihenfolge – da die 29jährige Polin seit 2019 das Siegen verlernt zu haben schien.

Dass die Nässe keine ernsten Unfälle verursachte, schien den Verzicht auf die im sogenannten Extremwetterprotokoll vorgesehenen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wohl zu rechtfertigen. Zweifel kamen jedoch auf, als ein Zuschauervideo publik wurde, das den Mitfavoriten Mattias Skjelmose (Lidl-Trek) nach der Rennaufgabe zeigte: Der Däne war so unterkühlt, dass er die Kontrolle über seine Gliedmaßen verloren hatte und zum Mannschaftsbus getragen werden musste.

Trotzdem war der 23jährige am Sonntag beim 110. Lüttich–Basto­gne–Lüttich am Start, bei dem die anhaltende Kälte nur vorübergehend durch Regen verschlimmert wurde. Allerdings sorgte ein vergleichsweise harmloser Ausrutscher 98 Kilometer vorm Ziel für einen Dominoeffekt, der die meisten Fahrer zum Halt zwang. Damit schien der dritte und abschließende Ardennenklassiker bereits vorentschieden: Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck) hatte sich nämlich allzu sorglos im hinteren Teil des Pelotons aufgehalten und musste nun fast 30 Kilometer lang in einer größeren Verfolgergruppe den anderen Sieganwärtern hinterherfahren. Ähnlich erging es Pidcock nach einem Fahrradwechsel. Vorne drückte derweil das für den Topfavoriten Tadej Pogačar fahrende UAE Team Emirates aufs Tempo und holte bald eine anfängliche Ausreißergruppe ein.

Um so kurioser

Nachdem acht fiese Hügel überwunden waren, hatte es allerdings immer noch keinen einzigen Angriff aus der Favoritengruppe gegeben. Der musste unweigerlich an dem Anstieg kommen, an dem oft die Entscheidung fällt: An der Redoute stieg Pogačar zur Beschleunigung kurz aus dem Sattel – und damit war die Sache so gut wie erledigt. Die restlichen 34 Kilometer fuhr der slowenische Sieger von 2021 solo und gewann als 25jähriger sein sechstes Monument. Dahinter setzte sich Romain Bardet (Team DSM-Firmenich/Post NL) an der letzten Rampe, dem Roche-aux-Faucons, aus einer Verfolgergruppe ab, bevor die schließlich auf zwei Dutzend Fahrer anschwoll, deren Sprint nach gut 254 Kilometern wiederum van der Poel für sich entschied.

In der achten Ausgabe des Frauenrennens ließ der Angriff der Favoritinnen indes auch nach der Redoute auf sich warten. Derweil wuchs der Vorsprung dreier Ausreißerinnen, die sich aus einer Gruppe abgesetzt hatten, besorgniserregend auf fast drei Minuten an. Erst am Roche-aux-Faucons, 14 Kilometer vorm Ziel, ging Longo Borghini in die Offensive, wobei ihr Vollering, die Siegerin von 2021 und 2023, ebenso folgte wie Niewiadoma, die auf eine Kollegin im Trio davor zählen konnte. Um so kurioser, dass Vollering der Polin dennoch Führungsarbeit aufnötigen wollte, kurz bevor die Einholung der verbliebenen Ausreißerinnen erfolgte. Die Niederländerin, die 2023 alle drei Ardennen­klassiker gewonnen hatte, ist wohl von ihrer Sieglosigkeit in diesem Jahr entnervt. Jedenfalls setzte sie nach knapp 153 Kilometern zu spät zum Sprint an, so dass sie Dritte hinter ihrer italienischen Hauptkonkurrentin Longo Borghini und Grace Brown (FDJ-Suez) wurde. Obwohl die 31jährige Australierin 2022 und 2020 schon Zweite gewesen war, kam ihr Sieg nun überraschend, da sie sich in der Ausreißerinnengruppe verausgabt und in einer Kurve wenige Kilometer vorm Ziel noch selbst ausgebremst hatte.

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