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27.03.2024, 19:19:18 / Inland

Solingen: Staatsanwaltschaft geht von Brandstiftung aus

Der Brandort in Solingen am Mittwoch
Der Brandort in Solingen am Mittwoch

Solingen. Das Feuer in einem Mehrfamilienhaus in Solingen, bei dem in der Nacht zum Dienstag eine komplette Familie mit zwei kleinen Kindern ums Leben kam, geht auf Brandstiftung zurück. In dem hölzernen Treppenhaus seien »deutlich Reste eines Brandbeschleunigers nachgewiesen« worden, berichtete Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt am Mittwoch in Wuppertal. »Aufgrund dieser Erkenntnis muss daher von einer vorsätzlichen Brandlegung ausgegangen werden«, hieß es. Ermittelt werde nun mit dem Vorwurf des Mordes beziehungsweise versuchten Mordes.

Eine formale Identifizierung der Opfer stehe noch aus, es sei aber anzunehmen, dass es sich bei den Toten um eine Familie aus Bulgarien handele, sagte der Staatsanwalt. Die 28 und 29 Jahre alten Eltern kamen gemeinsam mit ihrem knapp dreijährigen Kleinkind und einem erst fünf Monate alten Säugling um.

Der Brandsachverständige habe festgestellt, dass der Ausgangsort des Brandes im Treppenhaus gewesen ist. »Aufgrund der hölzernen Konstruktion und des darin entstehenden Kamineffektes dürfte sich das Feuer binnen weniger Minuten bis zu fünf Minuten bis zum Dach durchgebrannt haben.« Nachbarn hatten am Morgen nach dem tödlichen Feuer von Hilfeschreien berichtet und von Bewohnern, die in Todesangst aus dem etwa 100 Jahre alten brennenden Altbau auf die Straße gesprungen seien, nachdem das Feuer gegen 2.46 Uhr nachts ausgebrochen war. Etliche waren dabei schwer verletzt worden. Beim Eintreffen der Feuerwehr hatte das Holz-Treppenhaus bereits lichterloh gebrannt.

»Ein Tatverdacht gegen eine konkrete Person besteht derzeit nicht«, sagte der Staatsanwalt. Anhaltspunkte für »ein fremdenfeindliches Motiv« lägen nicht vor. Weitere Einzelheiten zu den Tatumständen könnten aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht angegeben werden.

Im Mai 1993 waren bei einem faschistischen Brandanschlag in Solingen fünf türkischstämmige Frauen und Mädchen ermordet worden. Auch dabei war Brandbeschleuniger eingesetzt worden. (dpa/jW)

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