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Entscheidung in Venezuela

Entscheidung in Venezuela

Berichte

  • · Berichte

    Wahlkampf mit Fälschungen

    André Scheer
    Original und Fälschung
    Original und Fälschung

    Empört haben Anhänger von Nicolás Maduro auf ein gefälschtes Plakat reagiert, das offenbar in großem Umfang an den Straßen im Hauptstadtbezirk Sucre aufgehängt worden ist. Mit dieser Manipulation wollen die unbekannten Hersteller offenbar im Vorfeld der Wahl am 14. April antikubanische Ressentiments unter den Einwohnern dieses Viertels wecken. 

    Grundlage des Fotos ist ein Bild des damaligen Vizepräsidenten, das nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur AVN bei einer offiziellen Veranstaltung am 4. Februar entstanden ist. Damals hatte Maduro allerdings eine Jacke in den venezolanischen Nationalfarben getragen – auf dem gefälschten Bild ist er jedoch in einer kubanischen Trainingsjacke zu sehen.

    In einer gewöhnlich von der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) verwendeten Schriftart heißt es deshalb auf dem Plakat neben der Losung »Nicolás Maduro – Präsident« weiter: »Kuba und Venezuela – ein einziges Vaterland«. Dabei unterlief den Machern sogar der Fehler, nicht den Vor- sondern den Nachnamen des Kandidaten mit Akzent zu schreiben (in dieser Schriftart als Stern dargestellt).

    Praktisch seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 werfen die Regierungsgegner der bolivarischen Bewegung vor, Venezuela an Kuba verkaufen zu wollen. Ultrarechte Repräsentanten der Opposition halluzinieren sogar, daß ihr Land längst von Fidel und Raúl Castro regiert werde. So wetterte Marina Corina Machado, die einst von George W. Bush im Weißen Haus empfangen worden war, in dieser Woche gegen die offene Unterstützung Maduros durch den früheren brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva sowie durch das »Forum von São Paulo«, einem breiten Zusammenschluß linker Parteien und Bewegungen Lateinamerikas: »Die FARC sind Teil des Forums von São Paulo. Wenn das Forum von São Paulo also sagt, daß der Sieg von Maduro sein Sieg sei, heißt das, daß der Sieg von Nicolás Maduro der Sieg von Fidel Castro und den FARC ist.« Allerdings ist die kolumbianische Guerilla gar kein Mitglied des Forums, auch wenn ihre Vertreter in der Vergangenheit an einigen der Zusammenkünfte teilgenommen haben.

    Das gefälschte Plakat wäre eventuell von einer größeren Öffentlichkeit gar nicht wahrgenommen worden, wenn nicht die scharf regierungsfeindliche Internetseite La Patilla dieses am Donnerstag zum Anlaß für einen wütenden Artikel unter der Überschrift »Finden die Wahlen vom 14. April in Venezuela oder in Kuba statt?« genommen hätte. In dem Beitrag heißt es: »Niemals in der Geschichte Venezuelas hat sich ein Präsidentschaftskandidat derart den Weisungen eines ausländischen Staatschefs unterworfen. Ein armseliges Beispiel.« 

    Für die Agentur AVN ist diese Manipulation nur ein weiteres Beispiel dafür, daß die Regierungsgegner eine »schmutzige Kampagne« gegen Maduro führen und sie fragt, woher die Oppositionellen die finanziellen Mittel für ihren Wahlkampf und solche Provokationen nehmen.

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    Spaltung bei der Opposition

    André Scheer
    Blumen zum Abschied?
    Blumen zum Abschied?

    Das venezolanische Oppositionsbündnis MUD (Tisch der demokratischen Einheit) hat wieder einmal Abgänge zu verkraften. Bereits in der vergangenen Woche hatten drei oppositionelle Abgeordnete mit den Regierungsgegnern gebrochen, ohne allerdings zur Wahl von Nicolás Maduro aufzurufen.

    Ricardo Sánchez, Andrés Avelino und Carlos Vargas begründeten ihren Schritt mit Plänen der MUD, nach den Wahlen vom 14. April den zu erwartenden Erfolg des Regierungskandidaten nicht anzuerkennen und gewaltsame Ausschreitungen zu provozieren. Sie wollten nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, wurde Sánchez von der Tageszeitung »Panorama« zitiert.

    Nun hat auch die Kleinpartei »Opinión Nacional« (Nationale Meinung, OPINA) ihre Unterstützung der Opposition aufgekündigt und dazu aufgerufen, Nicolás Maduro zu wählen. Die Organisation war im September 2011 offiziell in das Oppositionsbündnis aufgenommen worden. MUD-Exekutivsekretär Ramón Guillermo Aveledo hatte die Partei damals als eine Kraft gewürdigt, die sich seit rund 50 Jahren für die Rechte der Venezolaner engagiere.

    Die 1962 gegründete, zentristische Partei war in den 90er Jahren zeitweilig im venezolanischen Parlament vertreten, ist seit dem Jahr 2000 jedoch nicht mehr eigenständig bei Präsidentschaftswahlen angetreten, sondern präsentierte sich nur bei regionalen Abstimmungen.

    »Wir möchten dem Land unsere Entscheidung mitteilen, den Kandidaten Nicolás Maduro zu unterstützen«, erklärte der Generalsekretär der Partei für die Hauptstadtregion, Marcos Torres, am Donnerstag in Caracas. »Diese Entscheidung haben wir sehr bewußt und verantwortungsvoll getroffen, weil wir an die Zukunft Venezuelas und an die Notwendigkeit denken, den Veränderungsprozeß in unserem Land zu garantieren und zu entwickeln.«

    Die Entscheidung, mit dem Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski zu brechen sei die Folge interner Auseinandersetzungen in der OPINA. Die Mitgliedschaft sei in den vergangenen Jahren in Anhänger und Gegner von Präsident Hugo Chávez gespalten gewesen, und die Regierungsgegner hatten die Mehrheit in der Partei gestellt. Das habe sich nach dem Tod des Präsidenten jedoch geändert. Bei einer außerordentlichen Parteikonferenz am 16. März habe die Mitgliedschaft entschieden, daß der von Chávez eingeleitete Prozeß fortgesetzt werden müsse.

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    »Sozialist« Capriles

    André Scheer
    Henrique Capriles als »bolivarischer Revolutionär«
    Henrique Capriles als »bolivarischer Revolutionär«

    Der Kandidat der venezolanischen Opposition bei der Präsidentschaftswahl am 14. April, Henrique Capriles, liegt in allen Umfragen klar hinter dem Kandidaten des Regierungslagers, Nicolás Maduro.

    Um den Rückstand, der von den Meinungsforschungsinstituten mit bis zu 22 Prozentpunkten angegeben wird, aufzuholen, kopiert Capriles immer offener Slogans, Symbole und Stilelemente des vor einem Monat verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez. Zugleich wirft er Maduro vor, »nichts eigenes« anbieten zu können, sondern sich hinter dem Bild des Comandante der Bolivarischen Revolution zu verstecken.

    Im Werben um unzufriedene frühere Chávez-Anhänger trat Capriles am Mittwoch uin Caracas bei einer Veranstaltung auf, die von einer Gruppe »Bolivarianos und Revolutionäre für Capriles« organisiert worden war. Dekoriert war der Versammlungssaal mit einer Kopie des Logos, das die venezolanische Regierung 2010 als Symbol für die Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes publiziert hatte. Es zeigt die Form des südamerikanischen Kontinents, die in ein stilisiertes Bild des Nationalhelden Simón Bolívar hoch zu Roß und mit gezücktem Schwert übergeht. Als Sprecher der Gruppe trat ein Henry Faceto auf, der sich als »Mitbegründer« der 1997 von Hugo Chávez ins Leben gerufenen »Bewegung Fünfte Republik« (MVR) bezeichnete. »Comandante, ich habe auf ihrer Seite gestanden, aber diese Zeit ist vorbei«, erklärte Faceto, wetterte zugleich jedoch gegen »14 Jahre Faulheit« der bisherigen Regierung.

    Seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 haben immer wieder zeitweilige Mitstreiter die Seiten gewechselt, sei es wegen politischer Differenzen mit der Regierungspartei oder weil sich ihre Karriereambitionen nicht erfüllt haben. Schon im Wahlkampf 2012 traten frühere Mitglieder der MVR bei einer Wahlkampfveranstaltung für Capriles auf. Im Gegensatz zu damals beehrte der Oppositionskandidat diesmal jedoch seine »bolivarischen« Unterstützer durch persönliche Anwesenheit und eine Rede, in der er sich plötzlich als »Sozialist« outete: »Der echte Sozialismus unterscheidet nicht zwischen den einen und den anderen, denn wir alle sind in diesem schönen Land mit den selben Rechten auf ein besseres Leben geboren worden.«

    Auch bei seinen Kundgebungen zitiert Capriles immer wieder von Hugo Chávez geprägte Slogans und Losungen, ohne diesen freilich beim Namen zu nennen. Sein Wahlkampfstab nennt sich »Comando Simón Bolívar«, woraufhin von Regierungsseite daran erinnert wurde, daß die Putschisten während des Staatsstreichs vom 11. April 2002, als Chávez für zwei Tage abgesetzt und gefangengenommen worden war, das im Präsidentenpalast Miraflores zu sehende Gemälde Bolívars abgehängt und in einer Rumpelkammer verstaut hatten. Capriles selbst war an dem Putsch offenbar nicht direkt beteiligt gewesen, gehörte anschließend aber zu den Antikommunisten, die versuchten, die kubanische Botschaft in Caracas zu stürmen. Der damalige Bürgermeister des Hauptstadtbezirks Baruta hatte vom damaligen kubanischen Botschafter in Venezuela, Germán Sánchez Otero, völkerrechtswidrig verlangt, die diplomatische Vertreter nach dort versteckten Mitgliedern der rechtmäßigen Regierung durchsuchen zu dürfen.

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    Tierstimmenimitator des Tages: Nicolás Maduro

    scha

    Die Deutsche Presseagentur ist entzückt, denn Venezuelas geschäftsführender Präsident Nicolás Maduro hat einen Vogel. Der Nachfolger von Hugo Chávez habe am Dienstag (Ortszeit) erklärt, »der Verstorbene sei ihm in Gestalt eines Vögelchens erschienen«, meldete dpa.

    Die Geschichte vom Vögelchen hat Maduro tatsächlich erzählt – aber die Behauptung, er habe in dem Spatz eine Reinkarnation des venezolanischen Comandante gesehen, ist eine Erfindung des dpa-Korrespondenten.

    In Venezuela selbst spielt das Vögelchen kaum eine Rolle, nur die Tageszeitung Últimas Noticias stellte dazu ein Video ins Netz (youtu.be/487Mp7Un7Eg). In diesem wird deutlich, was der Kandidat des Regierungslagers für die Wahlen am 14. April tatsächlich gesagt hat.

    Nicolás Maduro hatte am Dienstag morgen Angehörige des verstorbenen Präsidenten in dessen Heimatort im Bundesstaat Barinas besucht. Dort im Garten habe er den »Geist« von Hugo Chávez »gespürt« – so wie andere vielleicht am Brandenburger Tor den »Geist der Geschichte« spüren mögen. Da sei das Vögelchen angeflogen gekommen, habe sich hingesetzt und gezwitschert – und Maduro zwitscherte zurück. Die einzige tatsächliche Lehre aus diesem Vorgang: Nicolás Maduro hat ein echtes Talent als Tierstimmenimitator.

    Und der dpa-Korrespondent in Caracas hat ein Talent, aus nichts eine Meldung zu machen. So wie er vor einigen Wochen schon mal ganz ernsthaft nach Deutschland tickerte, der verstorbene Präsident habe nach Ansicht Maduros im Himmel seine Finger bei der Wahl des neuen Papstes im Spiel gehabt – und unterschlug, daß es sich um einen Witz des neuen Staatschefs gehandelt hatte. Das würde ja auch nur bei dem Versuch stören, Maduro wie früher Chávez zum verrückten Exzentriker zu stilisieren, den man nicht ernstnehmen könne.

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    Maduro und Capriles eröffnen Wahlkampf

    Mit einem Besuch bei Angehörigen des am 5. März verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez in dessen Geburtshaus und Kundgebungen in Chávez' Heimatregion Barinas sowie im Bundesstaat Zulia hat Nicolás Maduro am Dienstag (Ortszeit) seine Kampagne für die Präsidentschaftswahl am 14. April eröffnet.

    Im Internetdienst Twitter dankte er den Bürgern dieser beiden Regionen anschließend für den Beginn des »Bolivarischen Hurrikans«, wie er den Wahlkampf nannte. Wie Chávez im vergangenen Jahr will Maduro bis zum offiziellen Ende des Wahlkampfes am 11. April durch alle Regionen des südamerikanischen Landes reisen. Dabei zeigt sich der frühere Busfahrer gern am Lenkrad eines in den venezolanischen Nationalfarben geschmückten Busses. Der Sieg bei der Wahl sei die beste Ehrung für Chávez, unterstrich er.

    Unterdessen eröffnete Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski seine Kampage in Maturín im Bundesstaat Monagas. In Venezuela müsse »das Volk bestimmen«, erklärte er dort und versprach, den Jugendlichen bessere Arbeitsplätze zu verschaffen.

    Bilderserie vom Wahlkampfauftakt Nicolás Maduros in Barinas: Hier klicken

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    In Venezuela beginnt der Wahlkampf

    André Scheer
    Mit Bolívar und Chávez für Maduro: Wandbild in Caracas
    Mit Bolívar und Chávez für Maduro: Wandbild in Caracas

    Am heutigen Dienstag um 6 Uhr Ortszeit beginnt in Venezuela offiziell der Wahlkampf für die am 14. April anstehende Entscheidung um das Präsidentenamt. Die zehntägige Kampagne, die am 11.April endet soll 18,9 Millionen Wahlberechtigte mobilisieren.

    Die Präsidentin des Nationalen Wahlrats (CNE), Tibisay Lucena, rief die antretenden Parteien auf, dem Land ihre politischen Vorstellungen zu unterbreiten, dabei aber auch immer die Existenz anderer Meinungen zu respektieren. »Diese Kampagne findet in einer heiklen emotionalen Atmosphäre statt«, erinnerte Lucena bei einer Pressekonferenz in Caracas mit Blick auf die anhaltende Trauer um den am 5. März verstorbenen Staatschef Hugo Chávez. »Deshalb fordern wir die beteiligten Seiten auf, unnötige Zuspitzungen zu vermeiden und auf Äußerungen zu verzichten, die das Umfeld der Wahlen belasten können.«

    Die Behörde hatte zur Vorbereitung der Wahl, die der venezolanischen Verfassung zufolge einen Monat nach dem Tod des Präsidenten stattfinden muss, nur wenig Zeit. Deshalb bedürfe es besonderer Anstrengungen, die Abstimmung ordnungsgemäß durchzuführen, räumte Lucena ein. Trotzdem konnte der CNE 150 internationale Beobachter für die Wahl am 14. April gewinnen, unter ihnen frühere Staatschefs, Politiker und Persönlichkeiten aus aller Welt.

    Bei der Wahl stehen sich der geschäftsführende Präsident Nicolás Maduro, der von der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV), der Kommunistischen Partei (PCV) und zwölf weiteren Organisationen unterstützt wird, und der Kandidat der Opposition, Henrique Capriles Radonski, gegenüber. Alle Umfragen sagen einen klaren Sieg Maduros voraus, in den Prognosen liegt er bis zu 22 Punkte vor Capriles. Den übrigen fünf Kandidaten werden keine realen Chancen eingeräumt.