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Aus: Ausgabe vom 07.01.2008, Seite 3 / Schwerpunkt

Erklärung der Antikapitalistischen Linken (AKL)

Die Linke« ist da, und sie verändert weiterhin die politische Landschaft in der Bundesrepublik. In Bremen gelang der erste Einzug einer linken Kraft in ein westdeutsches Landesparlament. Bei den anstehenden Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen liegen die offiziellen Umfragewerte bei rund fünf Prozent, auf Bundesebene konstant bei weit über zehn Prozent.

»Die Linke« wird nur dann erfolgreich bleiben, wenn sie den begonnenen Weg fortsetzt, wenn sie weiterhin konsequent Alternativen zu Sozial- und Demokratieabbau in die öffentliche Debatte bringt, konkrete Verbesserungen erkämpft, konsequent gegen Kriege eintritt und solidarisch mit anderen die Perspektive einer sozialistischen Gesellschaft lebendig werden läßt.

Die Bedingung dafür ist und bleibt ihre politische Bündnisfähigkeit. Der wachsende Alleinvertretungsanspruch von Teilen unserer Partei und die öffentlichen Überlegungen, künftig ausschließlich Parteimitglieder bei den Listenaufstellungen zu berücksichtigen, gefährden unsere Bündnisfähigkeit und die linke Bewegung insgesamt. ...

Grundlage für die Bündnispolitik ist die gegenseitige Anerkennung sowie der Verzicht auf einen Avantgardeanspruch, heißt es richtig im Beschluß des Parteivorstandes vom 17. November 2007. Das gilt es in der Praxis zu berücksichtigen. Denn die wachsende parlamentarische Präsenz und Stärke birgt für »Die Linke« die Gefahr, sich von Bündnissen und sozialen Bewegungen zu entfernen. Symptomatisch dafür ist, daß andere linke Parteien, Organisationen und Bewegungen nicht mehr als gleichberechtigte Partnerinnen betrachtet werden. Verbindungen mit der DKP, ATTAC und anderen Mitkämpferinnen und Mitkämpfern werden gelöst, teilweise als schädlich hingestellt.

Die einseitige Fixierung auf die parlamentarische Arbeit führt zu einer Schwächung der Bündnisse und schwächt längerfristig »Die Linke« selbst. Gerade unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen lassen sich soziale Verbesserungen nur mit gesellschaftlichem Druck »von unten« erreichen. Die parlamentarische Arbeit ist dann sinnvoll und erfolgreich, wenn sie im engen Bündnis mit außerparlamentarischen Kräften und Bewegungen agiert …

Für »Die Linke« muß das Parlament als Bühne für die Darstellung emanzipatorischer Alternativen genutzt werden, um den öffentlichen Diskurs zu verändern. Auf diese Weise kann und wird »Die Linke« dazu beitragen, gesellschaftlichen Widerstand zu mobilisieren. Ohne diesen Widerstand wird sich nicht die Gesellschaft verändern, sondern »Die Linke«. Sie wird den Weg der Anpassung gehen …


»Die Linke« muß offensiv mit den antikommunistischen Anfeindungen der Medien und der Parteien umgehen. Nichts spiegelt die Angst der Herrschenden deutlicher wieder, als der Versuch, »Die Linke« zu spalten in die »Politikfähigen«und die »Politikunfähigen«. Gemeint ist immer die Regierungsfähigkeit oder der Wille zur konsequenten Opposition. Die Abgrenzung gegen marxistische Strömungen in der Partei und kommunistische Parteien wie der DKP nach außen sind der Beginn dieser Spaltung (...) Der geforderte Antikommunismus dient der Diskreditierung jeder konsequenten Kritik am Kapitalismus oder der imperialistischen Kriegspolitik. Es ist der offensichtliche Versuch, »Die Linke« zu zähmen.

Bereits jetzt werden in Landesverbänden bestehende Bündnisse in Frage gestellt. »Die Linke« fordert für sich die Hegemonie über die Wahl des Namens, der Inhalte und der Listenaufstellung. Nichtmitglieder werden allenfalls noch als Gäste akzeptiert ... Die Kommunalwahlen in Hessen haben bewiesen, daß »Die Linke« in und mit Bündnissen erfolgreich ist. Die Aufkündigung von Bündnissen bei den Kommunalwahlen 2004 in NRW hat gezeigt, daß Alleinantritte »Die Linke« schwächen (...) Aber erneut wird die Diskussion geführt, daß die Bündnisse nur unter dem Namen »Die Linke« und möglichst homogen zu Wahlen antreten sollen. Das ist keine Bündnispolitik. Das ist der Mißbrauch von Erfolg. Einem Erfolg, den »Die Linke« auch der Solidarität der DKP, von Wählerinnen- und Wählerbündnissen und zahllosen Initiativen und Bewegungen zu verdanken hat. Er muß solidarisch und mit der gesamten Vielfalt der Linken fortgeführt werden.

(...) Wenn Mitgliederwerbung als Zweck an sich vor dem Interesse an inhaltlicher Auseinandersetzung steht, wenn Parteimitgliedschaft zur Voraussetzung für einen gleichberechtigten Dialog wird, dann verliert »Die Linke« ihre Position als widerständige Kraft in der Gesellschaft. »Die Linke« muß lernen, als eine Akteurin unter vielen zu stehen. Dazu gehört der solidarische und gleichberechtigte Umgang auf gleicher Augenhöhe mit allen linken und sozialen Bewegungen.

Wir setzen der Perspektivlosigkeit des Neoliberalismus lebendige, greifbare Alternativen entgegen, als eine Akteurin unter vielen anderen: Solidarisch, tolerant und bunt! Wir widersetzen uns jedem Versuch, einem angestrebten Bündnis zur Macht mit der SPD die vorhandenen Bündnisse zur tatsächlichen Veränderung der Verhältnisse zu opfern!

Für eine starke Linke – mit und ohne Punkt!

AKL-Länderkoordination

Nele Hirsch, MdB; Ulla Jelpke, MdB; Inge Höger, MdB; Sahra Wagenknecht, MdEP; Thies Gleiss, Mitglied des Parteivorstandes »Die Linke«; Sabine Lösing, Mitglied des Parteivorstandes »Die Linke«; Rainer Beuthel, Kreisvorstand Rendsburg-Eckernförde/Sprecher; Lorenz Gösta Beutin, Landessprecher »Die Linke«. Schleswig-Holstein; Barbara Borchardt, Parchim; Gerd Christophersen, Mitglied im Landesrat Schleswig-Holstein, OV-Vorstand Flensburg; Angelika Hannapel, Mitglied im Landesvorstand, Schleswig-Holstein; Asja Huberty; Armin Kurella, Kiel; Katharina Schwabedissen, Landesvorstand NRW.

Kontakt: antikapitalistische-linke.de

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