Dauerhafte Polizeipräsenz
Von Fabian LinderVor der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München campieren seit Tagen schon Studierende, um ihre Solidarität mit den von der humanitären Katastrophe im Gazastreifen betroffenen Palästinenserinnen und Palästinensern zum Ausdruck zu bringen. Und wie an anderen Hochschulstandorten in der Bundesrepublik oder im westlichen Ausland reagieren auch in München Gegner dieser Solidarisierung – vom linksliberalen Spektrum bis hin zur CSU – mit Antisemitismusvorwürfen. So hat für Mittwoch abend etwa der Verein »München ist bunt« zu einer »Mahnwache« unter dem Motto »Nie wieder ist jetzt« am unmittelbar gegenüberliegenden Geschwister-Scholl-Platz aufgerufen. Die Aktion richte sich gegen einen zunehmenden Anstieg antisemitischer Vorfälle und Straftaten, hieß es. Was das Protestcamp mit antisemitischen Straftaten zu tun hat, blieb offen.
Zuvor wollten die Organisatoren des Camps im Rahmen einer Pressekonferenz ihre Forderungen erläutern sowie über das weitere Vorgehen informieren. Die Positionen der Gruppe »University for Palestine« sind klar: Es geht um die »Verurteilung aller Menschenrechtsverletzungen in Palästina, eine Positionierung gegen den andauernden Genozid in Gaza, einen Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln«, wie es auf Plakaten heißt, die auf das Anliegen des Camps aufmerksam machen sollen. Von der Universitätsleitung fordern die Studierenden »Transparenz bezüglich Kooperationen mit Militär, Rüstungskonzernen, NGOs und Thinkthanks«. Man wünsche sich eine »Verurteilung der Zerstörung aller Universitäten und Bildungseinrichtungen in Gaza« sowie eine Beendigung der Kooperation mit israelischen Universitäten.
Auch die Universität selbst reagierte auf die Proteste: Sie entzog kurzerhand Räumlichkeiten für eine ursprünglich am Dienstag abend geplante »universitätsweite Austauschveranstaltung«, wie die Camporganisatoren online mitteilten. Begründet worden sei die Raumabsage mit einem möglichen »Meinungskampf«. Statt in den Räumlichkeiten der Universität habe die Veranstaltung daraufhin im Protestcamp stattgefunden.
Dabei hatte eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom Dienstag der Gruppe »University for Palestine«, welche das Camp organisiert, juristisch den Rücken gestärkt. Zuvor hatte das Kreisverwaltungsreferat nach der erfolgten Anmeldung eine Verlegung angekündigt. Der Plan sah vor, das Camp zunächst unter strengen Voraussetzungen an den Königsplatz zu verlegen. Grund hierfür seien aus Sicht der Behörde zu erwartende »massive Störungen des wissenschaftlichen Betriebs« gewesen.
Nach einer Eilentscheidung des Münchner Verwaltungsgerichts, welches die Verlegung aufgrund einer nicht hinreichend nachvollziehbaren Gefahrenprognose einkassiert hatte, war die Behörde in Berufung gegangen. Schließlich bestätigte auch der Verwaltungsgerichtshof des Landes in seiner Eilentscheidung die Sichtweise des Verwaltungsgerichts und wies die Bedenken der Münchner Behörde zurück. Somit findet das Protestcamp nun bis mindestens Donnerstag am Professor-Huber-Platz vor der LMU statt. Begleitet wird die Dauerkundgebung, die zunächst für 100 Menschen angemeldet wurde, von einer ebenfalls dauerhaften Polizeipräsenz.
Am Montag hatte sich bereits erster Gegenprotest formiert, an dem sich auch der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) beteiligt hatte. Spaenle unterstellte dem Protestcamp, es weise dem Staat Israel einseitig die Schuld zu und stelle dessen Existenzrecht infrage. Kilian Gremminger, Pressesprecher des Camps, wies diese Vorwürfe öffentlich zurück. Man wolle auf die Tötung von Zivilisten im Rahmen der Rafah-Offensive aufmerksam machen, erklärte Gremminger. Aktivisten wiesen wiederholt darauf hin, dass sich auch jüdische Studierende am Camp beteiligen.
»University for Palestine« wendet sich übrigens auch gegen den Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung zur Militarisierung der Bildung. Die Universität solle sich gegen ein Kooperationsgebot stellen, das Universitäten zur Militärforschung dränge, fordert die Gruppe. Außerdem müsse eine Zivilklausel eingeführt werden.
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