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Aus: Ausgabe vom 06.05.2024, Seite 1 / Titel
Krieg in Gaza

Hungersnot in Gaza

Nahost: Israel beharrt auf Fortsetzung des Krieges, Verhandlungen in Sackgasse. UNO fordert Waffenruhe. Ansarollah weiten Angriffe aus
Von Wiebke Diehl
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Gefährlicher Mangel an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Medikamenten: Familie zwischen Trümmern in Gaza-Stadt

Jetzt ist es mehr als eine Warnung: In einem am Sonntag im TV-Sender NBC ausgestrahlten Interview spricht die Exekutivdirektorin des Welternährungsprogramms (WFP), Cindy McCain, erstmals von einer »ausgewachsenen Hungersnot« im Norden des Gazastreifens, die sich in den Süden ausbreite. Diesen Schluss ziehe sie aus Berichten von Mitarbeitern ihrer Organisation, wenn auch offiziell noch keine Hungersnot in der Küstenenklave erklärt worden sei. Es sei, so McCain, dringend zu hoffen, dass eine baldige Waffenruhe ausgehandelt werde, um die Bevölkerung der Küstenenklave mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und sanitären Einrichtungen versorgen zu können.

Ob es dazu kommt, bleibt allerdings unsicher. Am Sonntag bekräftigte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ein weiteres Mal seine Ablehnung eines Kriegsendes im Gazastreifen, nachdem er am Dienstag erklärt hatte, die Offensive auf Rafah komme »mit oder ohne Deal«. Israel halte an seinem unabdingbaren Ziel fest, die Hamas zu entmachten. »Eine Kapitulation gegenüber den Forderungen der Hamas wäre eine furchtbare Niederlage für den Staat Israel«, so Netanjahu in einer am Sonntag ausgestrahlten Videobotschaft. Er stößt damit auch die Angehörigen und Unterstützer der etwa 130 verbliebenen Geiseln vor den Kopf, die am Samstag in Tel Aviv erneut ein Waffenstillstandsabkommen forderten und eine Rafah-Offensive als »Todesurteil« für die Geiseln bezeichneten. Auch wurden Rufe nach Neuwahlen laut. Die Hamas wiederholte ihre Position, »unter keinen Umständen« einem Abkommen zuzustimmen, das nicht ausdrücklich ein Ende des Kriegs mit inzwischen 34.700 Toten und den Abzug der israelischen Truppen vorsehe.

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Demonstration gegen Netanjahus Rechtsregierung in Tel Aviv (4.5.2024)

Ebenfalls am Sonntag beschloss das israelische Kabinett, wie Netanjahu im Onlinedienst X erklärte, einstimmig die sofortige Schließung des katarischen Senders Al-Dschasira in Israel, weil er laut Kommunikationsminister Schlomo Karhi die »Sicherheit« des Landes gefährde. Anfang April hatte das israelische Parlament mit großer Mehrheit ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Seit Beginn des Gazakriegs wurden in dem Küstenstreifen laut »Reporter ohne Grenzen« über 105 Journalisten durch israelische Angriffe getötet, während sie israelische Kriegsverbrechen filmten oder darüber berichteten.

Derweil haben am Freitag die jemenitischen Ansarollah (»Huthis«) angekündigt, ihre Angriffe auf Schiffe mit Israel-Bezug, die weder durch die US-geführte Marinemission »Wächter des Wohlstands« noch die EU-Mission »Eunavfor Aspides« signifikant eingedämmt werden konnten, auf das Mittelmeer auszuweiten. Auch der »Islamische Widerstand im Irak« greift regelmäßig israelische Häfen an, und am Donnerstag gab die schiitisch-bahrainische Gruppe »Saraja Al-Aschtar« (Al-Aschtar-Brigaden) bekannt, erstmals mit Drohnen auf den Hafen von Eilat gezielt zu haben. Der griechische Eunavfor-Aspides-Kommandeur Vasileios Gryparis beklagt laut Spiegel, über zu wenige Kriegsschiffe zu verfügen. Am 29. April sei es den Ansarollah gelungen, die Flugabwehr der Mission durch einen Drohnenschwarm zu überwinden. Er benötige zehn statt der nach dem geplanten Abzug der deutschen Fregatte »Hessen«, die im August durch die Fregatte »Hamburg« ersetzt werden soll, drei Schiffe. Zudem soll eine Ausweitung des Mandats auf die Eindämmung von Waffenlieferungen an die Ansarollah im Gespräch sein.

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