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Aus: Ausgabe vom 13.04.2024, Seite 10 / Feuilleton
Tagebuch – In dieser großen Zeit

Birnes Bimbes-Bub

Von Pierre Deason-Tomory
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Würden Sie diesem Mann Ihr Schmiergeld anvertrauen? Wolfgang Schäuble als junger Beutelschneider

Samstag, 6. April

Bayer Leverkusen ist die deutsche Fußballmeisterschaft kaum noch zu nehmen. Nach dem Sieg über Union und der Bayern-Niederlage gegen Heidenheim zieht der Rekordvizemeister an der Tabellenspitze alonso seine Kreise. Zwischen dem Bayern-Trainer und seinen Spielern ist das Tischtuchel wohl endgültig zerschnitten. Es heißt, er lasse seine Superstars den ganzen Tag mit Medizinbällen he­rumrobben. Tuchel soll ab Sommer eine neue Aufgabe auf dem Bayern-Campus bekommen. Als Schwimmbeckenbauer.

Montag, 8. April

Der Papst ließ verkünden, dass eine Geschlechtsumwandlung ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei. Er selbst will trotzdem weiter Damenwäsche tragen.

Fast 10,9 Milliarden Menschen waren 2023 im deutschen Linienverkehr des Nah- und Fernverkehrs unterwegs, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. 39 Prozent der Fahrgäste sind pünktlich angekommen, 60 Prozent verspätet, zweihunderttausend gingen verloren.

Dienstag, 9. April

In Berlin ist heute die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2023 vorgestellt worden. Die wichtigsten Erkenntnisse:

1. 41 Prozent der – mutmaßlichen – Straftaten haben Ausländer – vielleicht – verübt.

2. Wären CSU-Politiker Ausländer, würde der Anteil der Tatverdächtigen ohne deutschen Pass bei 70 Prozent liegen.

3. Andi Scheuer ist immer noch auf freiem Fuß.

Der deutsche Computerspieleverband »Game« hat die geringe staatliche Förderung seiner Branche angeprangert. Woanders würden die Kollegen das Vierfache kriegen. Das hat eine Debatte ausgelöst, jetzt wollen auch Pornoindustrie, Spielhöllenbetreiber und die CSU Subventionen.

Donnerstag, 11. April

Im Bundestag wurde über den AfD-Abgeordneten Petr Bystron diskutiert. Ihm wird vorgeworfen, er habe von den Russen Geld genommen. Vielleicht, um sich einen vollständigen Vornamen zu kaufen. Für den Abend ist im Springer-Kanal Welt ein TV-­Duell zwischen Mario Voigt (CDU) und Björn Höcke (Schtonk!) angekündigt, beide wollen dasselbe: Ministerpräsident werden und Ausländer quälen. Dem Sender wird vorgeworfen, einem Nazi eine Bühne zu bieten, die Chefredaktion bestreitet das. Nach der Höcke-Show wird das Programm mit den üblichen Hitler-Dokus fortgesetzt.

Freitag, 12. April

In dieser Woche hat der verstorbene Wolfgang Schäuble seine Memoiren vorgestellt. Er sah gut aus. Ich habe den Klappentext über Nacht durchgelesen und fasse zusammen:

Schäuble wurde 1942 in Freiburg im Breisgau geboren. Er sprach schon alsch Kleinkind scheltscham und wurde auf eine Sonderschule geschickt, die er als 27jähriger mit einem CDU-Parteibuch abschloss. An der Universität wurde er abgewiesen, weil er bei der Aufnahmeprüfung das Einmaleins abgeschrieben hatte. Wegen seiner Rechenschwäche machten sie ihn zum Finanzbeamten; er bewährte sich und wurde in den Bundestag geschickt. Große Verdienste erwarb er sich in der Kohl-Ära als Geldbriefträger des Bundeskanzlers (»Birnes Bimbes-Bub«) und bei der Enteignung der volkseigenen Betriebe und Wohnungen in der DDR, die nach 1989 entweder abgerissen oder an westdeutsche Unternehmer verschenkt wurden. Wegen Bestechlichkeit sowie Falschaussage im CDU-Parteispendenskandal wurde er mit Staatsämtern (u. a. Finanzminister) bestraft. Schäuble verstarb am 26. Dezember vorigen Jahres nach langem Husten. Er hatte sich beim Weihnachtsessen am Dackelbraten verschluckt. Ich kann das Buch wirklich empfehlen.

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