4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 22.03.2024, Seite 4 / Inland
Landtagswahl in Thüringen

Ansprechen und abgrenzen

Thüringen: BSW will zweitstärkste Kraft werden – und »seriöse Alternative« für potentielle AfD-Wähler
Von Nico Popp
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Parteichefin Sahra Wagenknecht bei einer Pressekonferenz in Erfurt (23.2.2024)

Noch ist der gerade gegründete Landesverband winzig, es gibt keine Strukturen in der Fläche – und doch will das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen bereits bei der Landtagswahl am 1. September zweitstärkste Kraft werden. »Wir haben den Ehrgeiz – und das in Umfragen gemessene Potential in Thüringen gibt es auch her –, dass wir stärker als die CDU werden«, sagte Parteichefin Sahra Wagenknecht am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.

Mit Blick auf Koalitionsoptionen sagte Wagenknecht: »Ausschließen kann man im Osten gar nichts außer einer Koalition mit Björn Höcke. Es muss am Ende ein echter politischer Neubeginn erreicht werden.« In Thüringen regiert derzeit noch eine Minderheitsregierung aus Linkspartei, SPD und Grünen, die de facto von der CDU geduldet wird.

Zwei zuletzt veröffentlichte Wählerbefragungen (im Auftrag des MDR bzw. der Funke-Mediengruppe) sahen die AfD in Thüringen mit um die 30 Prozent jeweils deutlich vorn. Während die Linkspartei, die 2019 mit 31 Prozent noch deutlich stärkste Kraft geworden war, mit 16 bzw. 18 Prozent gemessen wurde, kam das BSW auf 15 bzw. 13 Prozent. Auf dem zweiten Platz lag jeweils die CDU mit 20 respektive 21 Prozent. Weit abgeschlagen folgen die übrigen Parteien. Die FDP, die in beiden Umfragen unter drei Prozent liegt, kann kaum noch damit rechnen, wieder in den Landtag einzuziehen. Die Werteunion, die insbesondere auf das Antreten in Thüringen gesetzt haben dürfte, scheint derweil ins Leere zu laufen: Sie wird mit einem Prozentpunkt gemessen.

Explizit sprach Wagenknecht am Donnerstag auch potentielle Wähler der AfD an. »Ich hoffe, dass wir viele Thüringer überzeugen können, auch solche, die jetzt noch darüber nachdenken, AfD zu wählen. Viele tun das nicht wegen, sondern trotz Höcke – mit uns haben sie eine seriöse Alternative«, so die Bundestagsabgeordnete.

Dass sie noch einmal eine Zusammenarbeit mit der Höcke-AfD ausschloss, dürfte mittelbar auch mit einer Wortmeldung vom Freitag zusammenhängen. Der frischgebackene Kovorsitzende des Thüringer BSW-Landesverbandes, der Eisenacher Unternehmer Steffen Schütz, hatte vor Journalisten erklärt, man werde nicht den Fehler machen, »einerseits sich als Demokraten hinzustellen und zu sagen: ›Also wir wollen die Demokratie retten‹, aber auf der anderen Seite zu sagen: ›Mit denen spielen wir nicht, mit denen reden wir nicht.‹«

SPD-Innenminister Georg Maier hatte daraufhin beim Kurznachrichtendienst X geschrieben, die »Zuneigung« der AfD zum BSW werde nun »erwidert«. Am Sonnabend sagte Schütz gegenüber dpa, seine Formulierung sei unglücklich gewesen und habe sich auf eine bestimmte Abstimmung im Landtag bezogen. Die BSW-Kolandesvorsitzende Katja Wolf hatte bereits am Freitag betont, es bestehe absolute Einigkeit darüber, »dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird«. Sie kündigte eine »klare Abgrenzung« an.

Eine Herausforderung für das BSW in den anstehenden Wahlkämpfen dürfte die noch kaum vorhandene Parteiorganisation werden. Wagenknecht hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass der Partei, die Stand Mitte März nur über Landesverbände in Sachsen und in Thüringen verfügt, derzeit 8.000 Anträge auf Mitgliedschaft vorlägen. Damit sei der prognostizierte Zuwachs weit übertroffen worden. Derzeit gebe es rund 500 BSW-Mitglieder und 17.000 registrierte Unterstützer. Wagenknecht bat erneut um Verständnis dafür, dass der Aufnahmeprozess länger dauere: »Wir passen nur auf, dass keiner reinkommt, der unsere Programmatik nicht teilt oder destruktiv und chaotisch wirken würde.« Es seien bereits Anträge abgelehnt worden, darunter auch solche von AfD-Mitgliedern.

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