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Aus: Ausgabe vom 13.03.2024, Seite 8 / Inland
Sozialistische Bildungsarbeit

»Kinder haben sehr wohl etwas über die Welt zu sagen«

Bayern: »Wüstentage« der Jugendorganisation Die Falken in Nürnberg zu Staatskritik und Bezahlkarten. Ein Gespräch mit Manu Radeng
Interview: Hendrik Pachinger, Nürnberg
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Auch auf der Straße: Mitglieder der »Falken« in Nürnberg (8.3.2024)

In Nürnberg haben Die Falken vom 24. Februar bis 3. März ihre »Wüstentage« veranstaltet. Welchen Schwerpunkt wählten Sie für das Zusammentreffen junger Menschen?

Ausgehend vom aktuellen Programm unseres Bundesverbands hatten wir dieses Mal das Motto »Eure ›Ordnung‹ ist auf Sand gebaut! Staatskritik und staatliche Repression« gewählt. Wir haben uns gemeinsame Grundlagen der Staatskritik erarbeitet, die noch weiter vertieft und im Verband diskutiert werden. Außerdem haben wir uns mit der »Bezahlkarte« (für Asylsuchende, jW) beschäftigt, die als rassistische staatliche Repression allein der Gängelung und Disziplinierung geflüchteter Menschen dient. Für Kinder von Geflüchteten bedeutet die Karte einen noch schwierigeren Zugang zu den Notwendigkeiten des Alltags, noch mehr Schikane, noch mehr Ausschluss von Freizeit. Wir hatten uns außerdem am Klimastreik und der »Get organized!«-Demo in Nürnberg beteiligt. In unserem »Falkenturm« gab es dann auch einen Liederabend mit Freunden und Freundinnen aus der Stadt.

Was genau sind die »Wüstentage« der Falken Nürnberg?

Sie finden zweimal im Jahr für jeweils eine Woche statt. In dieser Zeit leben wir als Aktive und Jugendliche zusammen. Wir müssen zwar weiterhin dem uns aufgezwungenen Alltag – Schule, Ausbildung, Uni, Job, und so weiter – nachgehen, aber organisieren unser Zusammenleben gemeinsam. Wir erarbeiten zum Beispiel einen gemeinsamen Plan für die anfallende Hausarbeit und teilen die Arbeit in Schichten auf. Am Abend tauschen wir uns im gemeinsamen Plenum aus und schauen, wie es allen geht, was ansteht, was vielleicht noch erledigt werden muss und selbstverständlich auch, was gut läuft. Der Spaß kommt nicht zu kurz, daher kommt auch der Name »Wüstentage«: Das hat nichts mit Wüste zu tun, sondern damit, dass es manchmal auch ein bisschen wüst wird, wenn viele Jugendliche und junge Erwachsene zusammenleben.

Welche Bedeutung hat die Veranstaltung für sozialistische Bildungsarbeit?

Wir meinen, dass man gut daran tut, jetzt schon für die sozialistische Gesellschaft zu üben. Wie versorgen wir eine größere Menge von Menschen? Wie schaffen wir es, unsere Bedürfnisse gegenseitig zu vermitteln? Wie bringen wir uns gegenseitig auf Augenhöhe die Sachen bei, die manche können und andere nicht?

Vor welchen Aufgaben und Herausforderungen stehen Kinder- und Jugendverbände?

Kinder gelten gemeinhin als unpolitisch und werden nur als Objekte von Erziehung betrachtet, wobei diese Erziehung korrekter als Zurichtung zur Akzeptanz der Verhältnisse bezeichnet werden sollte. Wir sehen das anders. Kinder haben sehr wohl etwas über die Welt zu sagen, in der sie aufwachsen. Darauf richtet sich auch unsere sozialistische Erziehung aus. Unsere Angebote werden jedoch aktiv bedroht.

Wie das?

Durch die Bundesregierung, die im Aufrüstungstaumel den Kinder- und Jugendplan dramatisch zusammenkürzt, durch die bayerische Staatsregierung, welche seit Jahren die Jugendringe unterfinanziert und nicht zuletzt durch die AfD, die überall, wo sie politische Macht erlangt, mit als erstes versucht, unseren Verband anzugreifen. Schließlich stehen wir für ein Ende von Rassismus sowie Sexismus ein und kämpfen dafür, dass sie in den Jugendringen keinen Fuß fassen kann.

Im August soll es mit dem Zeltlager Ihres Landesverbands weitergehen.

Vom 3. bis 17. August fahren wir mit den anderen bayerischen Falken nach Schwangau. Dieses Jahr steht unser Zeltlager unter dem Motto »Freundschaft statt Vaterland. Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt!« (nach »Die Arbeiter von Wien« von Fritz Brügel, jW). Im Angesicht der Zuspitzung zwischenstaatlicher Konflikte, in der BRD begleitet von Debatten über Wiedereinführung der Wehrpflicht, üben wir zwei Wochen lang, wie es anders geht. Auf dem Zeltlager wählen alle Gruppen Delegierte für den Lagerrat, der wirklich demokratisch entscheidet, wie es läuft. Bei uns können alle mitfahren, unabhängig von Geldbeutel und Pass.

Manu Radeng ist Koordinatorin der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken in Nürnberg

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