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Aus: Ausgabe vom 28.02.2024, Seite 16 / Sport

Die Hunde des Präsidenten

Von André Dahlmeyer
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Brauchen auch Brot zu den Spielen: Argentinische Fußballfans in Santa Fe

Einen wunderschönen guten Morgen! Im Lande des Fußballweltmeisters Argentinien wird aktuell in der ersten Jahreshälfte die Meisterschaft ausgetragen, in der zweiten der sogenannte Ligapokal. Dieser Pokal wird quasi identisch ausgetragen und besitzt bei den Silberländern längst denselben Stellenwert wie eine Meisterschaft. Als etwa Rosario Central Ende des Jahres den Ligapokal gewann, schrieben die einheimischen Medien, Central sei Meister geworden. Logik existiert nicht im argentinischen Fußball und so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Ligapokalsiege in den offiziellen Statistiken als Meisterschaften gelistet werden. In Argentinien werden auch gerne die Regeln für ein Campeonat mitten in der Saison geändert. Letzte Saison stieg deshalb der Club Atlético Colón aus Santa Fe in die zweite Liga Primera Nacional ab. Ohne das Manipulieren am Regelwerk hätte der »Sabalero« die Klasse gehalten. Die Santafesinos legten Protest bei dem Ballverband Asociación del Fútbol Argentino (AFA) ein, natürlich ohne Erfolg. Wer gibt schon gerne Fehler zu? Und warum sollte es in einem Land, in dem es traditionell weder Rechtssicherheit noch eine funktionierende Gewaltenteilung gibt, ausgerechnet Gerechtigkeit in einem dubios-nebulösen Metier wie dem Fußballbusiness geben?

Immerhin, bei der »The Best«-Preisverleihung wurden unlängst zum zweiten Mal hintereinander die Argentinier als die besten Fans ausgezeichnet, genaugenommen ein Fan von Colón (Kolumbus), der seinem Kind auf der Tribüne die Flasche gab. In Argentinien ist Fußball ein Familiensport, als Kind ist man in Stadien bevor man Reden oder Laufen kann. Frauen, Omas und Opas, alle haben ein Herz für den Fußball, der zur Genetik der Argentinier gehört wie dampfendes Grillfleisch und zyklisch wiederkehrende Wirtschaftskrisen.

Fast 60 Prozent der Bevölkerung sind arm, die verschiedenen Mittelklasseschichten rutschen gerade auf der Sozialpyramide ins Bodenlose. Bei den Kindern sieht es noch düsterer aus, Zombiedrogen nehmen manche schon mit zehn Jahren. Diese Kinder werden kaum noch zu retten sein. Seit die Drogen Argentinien vor einem Vierteljahrhundert zu überschwemmen begannen, hat keine einzige Regierung, so progressiv sie sich auch gab, auch nur ansatzweise etwas dagegen unternommen. Ob Peronisten, Sozialdemokraten, Kirchneristen, Republikaner oder jetzt die »Liberalen« – für alle sind das nur »Kollateralschäden«. Man organisiert sich im Barrio, hilft sich so gut es geht, auf Politiker gibt schon lange niemand mehr auch nur einen Pfifferling. Längst haben sich im Land mexikanische Drogenkartelle festgesetzt. Man hätte das verhindern oder wenigstens bekämpfen können. Doch die Kirchneristen hielten jahrelang hartnäckig an ihrem Narrativ fest, nach dem es in Argentinien keine Drogenküchen gäbe. Das hat sie mir immer suspekt gemacht, ich bin ja nicht blind. Haben diese Leute jemals eine Villa Miseria, einen Slum, betreten? Dann wüssten sie, was ich weiß. Es gibt über 5.000 davon in Argentinien, die berüchtigtsten davon sind seit langem von Narcos übernommen worden, oft Peruaner.

Nun, Argentinien hat mit Javier Milei einen neuen Präsidenten, der am liebsten »Freiheit!« krakeelt, gerne auf X, denn öffentlich macht er sich rar. Der Stiefellecker der Yankees hat weder Freunde noch Kinder, dafür fünf geklonte Kampfhunde, die alle die Namen von Ökonomen tragen. Seit der Trump-Spezi an der Macht ist, bekommen die rund 40.000 Volksküchen Argentiniens auf seinen ausdrücklichen Wunsch keine Lebensmittellieferungen mehr von der Regierung. Für April erwarte ich erste Supermarktplünderungen, dann werden Hungeraufstände beginnen. »¡Viva la libertad, carajo!«

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