Beistand aus dem Innenministerium
Von Kristian StemmlerProteste mit Landmaschinen gegen Spitzenvertreter von Bündnis 90/Die Grünen sind in den vergangenen Tagen teils aus dem Ruder gelaufen. Das hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf den Plan gerufen, die sich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag für den Koalitionspartner in die Bresche warf. »Wenn eine politische Veranstaltung durch Gepöbel und Gewalt verhindert wird, wenn Polizisten angegriffen und Steine geworfen werden, dann sind Grenzen massiv überschritten«, sagte Faeser.
Zu dieser Ermahnung sah sich die – formal auch für die Verfassung zuständige – Ministerin offensichtlich durch Berichte über aggressiven Protest, unter anderem von Landwirten, in Biberach berufen. Die Grünen hatten ihren geplanten politischen Aschermittwoch in dem baden-württembergischen Ort kurzfristig abgesagt. Bei einer weiteren Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch in Schorndorf nahe Stuttgart behinderten Dutzende Menschen die Abreise der Grünen-Kovorsitzenden Ricarda Lang. Auf Videos ist zu sehen, wie die Politikerin ausgepfiffen und bepöbelt wird.
Mit demokratischem Streit hätten solche Aktionen nichts mehr zu tun, befand Faeser. Die Sozialdemokratin, die mit ihrer restriktiven Asyl- und Migrationspolitik immer wieder rechte Ressentiments und AfD-Forderungen bedient, nutzte die Gelegenheit, das andere Lager für genau dieses Verhalten zu kritisieren: »Wer sich Radikalen verbal anbiedert, stärkt nur die Radikalen, die wir aus der politischen Mitte heraus gemeinsam bekämpfen müssen.« Damit kritisierte Faeser Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Dieser hatte beim Aschermittwoch der CSU gesagt, Umweltministern Steffi Lemke sei ein Musterbeispiel für den Versuch der Grünen, die Freiheit der Fleißigen durch immer neue Auflagen einzuschränken, als »grüne Margot Honecker«. Dazu meldete sich der frühere Bundesminister Jürgen Trittin (Grüne) zu Wort und gab Söder eine Mitschuld an der jüngsten Eskalation der Proteste. Der CSU-Chef leiste »der Enthemmung Vorschub«, sagte Trittin dem RND.
Vor der Biberacher Stadthalle, in der der Aschermittwoch der Grünen stattfinden sollte, blieb es laut amtlicher Darstellung nicht bei Pöbeleien. Nach Angaben der Polizei wurden Beamte aus einer Menge von etwa 1.000 Protestlern mit Gegenständen beworfen, die Polizei setzte Pfefferspray ein. Drei Polizisten seien leicht verletzt worden. Das Polizeipräsidium Ulm habe eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, teilte ein Sprecher des Landesinnenministeriums am Donnerstag in Stuttgart mit. Es werde gegen mehrere Verdächtige ermittelt.
Lautstarke Proteste gab es am Donnerstag abend auch gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Mit einem lauten Pfeifkonzert und »Hau ab!«-Sprechchören war der Grünen-Politiker vor einem Bürgerdialog in der Nürnberger Altstadt empfangen worden. Rund 350 Menschen hatten sich laut Polizei zu der Kundgebung am Hauptmarkt versammelt. Kurz vor seiner Ankunft in Nürnberg musste sich Habeck schon einem anderen Protest stellen: Bei einem Werksbesuch des Nougatherstellers Viba im Südwesten Thüringens hatten offenbar Landwirte mit ihren Traktoren einen Zugangsweg zu dem Gebäude versperrt.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Christel H. aus Aschersleben (17. Februar 2024 um 14:04 Uhr)Die Regierungsmitglieder pöbeln von oben – jeder in seinem Ressort. Aber das nennt man dann natürlich nicht Pöbeln. Denn sie sitzen schließlich am längeren Hebel.
Ähnliche:
- 10.02.2024
Kein Geld für Kriegsgegner
- 08.02.2024
Alle Optionen offenhalten
- 01.02.2024
Scheingefecht im Plenum
Mehr aus: Inland
-
Gegen NATO-Warlords
vom 17.02.2024 -
»Man will Kritik der Verhältnisse fernhalten«
vom 17.02.2024 -
Marineeinsatz beschlossen
vom 17.02.2024 -
Waffenschieber unter Polizeischutz
vom 17.02.2024 -
Bahn in Auflösung
vom 17.02.2024 -
Streiks bei Edeka, Postbank und Discover
vom 17.02.2024 -
»Die Auszubildenden sind motiviert zu kämpfen«
vom 17.02.2024