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Aus: Ausgabe vom 23.04.2016, Seite 11 / Feuilleton

Deutsche Freiheit

Von Wiglaf Droste

Dass ein Locus (= Ort) namens Freital zum Synonym für Naziterror wurde, ist Zufall: Am Namen des Kaffs liegt es ja nicht, was dort geschieht. Und doch ist etwas daran; die deutsche Interpretation der Worte und Begriffe »Freiheit« und »frei« findet in Freital ganz zu sich selbst. Denn der geistfreie Deutsche ist gern frei von und vom anderen, was in deutschen Worten wie »judenfrei« (auch »judenrein« genannt, wie »besenrein«), »ausländerfrei« und »flüchtlingsfrei« seinen Niederschlag findet. Nur frei von Gerhard Frey möchten sie nicht sein müssen; der »Ich war dabei«-Nazi verkörperte die Freyheit, die sie meinen.

Während der Mob den Job macht, ersinnt die selbstverständlich entrüstete, aber keineswegs entwaffnete Mitte das mediendiskurstaugliche Vokabular: Von Menschen ist längst nicht mehr die Rede, allenfalls von Flüchtlingen, meist aber vom »Flüchtlingsproblem« oder, noch einen Dreh weiter, von der »Flüchtlingsproblematik«, über die man dann ganz sachlich sprechen kann, denn es geht ja um eine Sache, und mit einer Sache lässt sich anders umspringen als mit Menschen.

Was zu beweisen war und und ist, in Freital und überall, wo man sich – endlich, endlich! – von den Fesseln und Ketten der Humanität befreit.

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