4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 12.09.2015, Seite 16 / Aktion

»Kreative« Zerstörer

Kriegstreiber zerstören zuerst die Vernunft. ND-Autoren mittendrin
Von Peter Borak
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Vor 14 Jahren brachten in den USA massenmordende Terrorflieger unter bislang nicht voll geklärten Umständen die Twintowers zum Einsturz. Die junge Welt gehörte zu den ganz wenigen Stimmen, die die Verurteilung dieses Verbrechens sofort mit der Frage nach den Nutznießern verknüpften. Gewarnt wurde vor einer noch fürchterlicheren Etappe bei der Errichtung der neuen Weltkriegsordnung. Wutschäumende Reaktionen waren die Folge. Selbst die eigene Leserschaft zeigte sich verunsichert. Leider folgte das Vorausgesagte: Terrornetze und Kriege vom NATO-Fließband, Folter, Drohnen, grenzenlose Überwachung, verbrannte Erde staatenweit. Bushs Beraterteam übernahm dafür einen Begriff aus der Makroökonomie: Kreative Zerstörung. Besonders kreativ zeigten sich die wie gleichgeschaltet agierenden Medien, das Ganze mit faustdicken Lügen begleitend. Der Lehrstücke waren mehr als genug, um Kriegstreibern nicht mehr auf den Leim zu gehen. Stößt man dann doch besonders kräftig in deren Horn, geschieht das gewiss nicht versehentlich. So druckte vor wenigen Tagen, am 8.9., eine »Sozialistische Tageszeitung« an prominenter Stelle eine Karikatur ab. Man sieht darauf Putin, der dem strauchelnden Assad aufhilft. Letzterer stößt ein totes Kind mit dem Fuß weg. Zweifellos nahm der Urheber Anleihe bei jenem Foto eines toten Kindes, das weltweit für Empörung sorgte. Die Schuldzuweisung lieferte er gleich mit, allerdings unter völliger Verdrehung der Tatsachen. Personifizierung politischer Sachverhalte wird hier besonders perfide von Dämonisierung begleitet. Ein Stil, den man aus einschlägiger Boulevardpresse kennt. Was noch schwerer wiegt: Die Aufforderung zum Eingreifen schwingt emotional mit. Wer daran zweifelt, lese in der ND-Onlineausgabe des gleichen Tages nach (oder unter »Abgeschrieben«, jW vom 9.9.2015, S. 8). Auf der Website, wo nicht so viele Altleser vermutet werden, darf der »Adopt a Revolution«-Mitbegründer Elias Perabo Klartext sprechen. In seinem Kommentar fordert er die Führung der Linkspartei auf, die Zuschauertribüne zu verlassen, von der aus bisher »dem Treiben des Assad-Regimes zugeschaut« worden wäre. Nicht nur, dass der Kommentator alle Lügen über Assad aufwärmt und ihm die Schuld für Bürgerkrieg und Flüchtlingsströme unterschiebt, vor allem ist seine Botschaft klar: Grünes Licht für Bodentruppen in Syrien. Derartige Kopflanger der für das Chaos in Nahost verantwortlichen Koalition des Schreckens aus NATO, ultrarechts dominiertem Israel und reaktionärsten arabischen Regimes sind zugleich eifrige Protagonisten einer Eindämmung Russlands und Chinas, also jener Kräfte, die noch am ehesten dem Wahnwitz Einhalt gebieten können. Angesichts solcher Art Kreativität sind Stimmen um so wichtiger, die gegen die Zerstörung der Vernunft ankämpfen. Dafür machen wir diese Zeitung, dafür hasst oder schätzt man uns. Dafür stärken uns immer mehr Abonnenten und Mitglieder unserer Genossenschaft. Sind Sie schon dabei?

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