Über diese Zeitung
Von Dietmar Koschmieder
Sie halten eine Ausnahme in der Hand. Und das in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist die junge Welt nicht repräsentativ für die deutschen Medien. Sie ist heute die einzige landesweit erscheinende Tageszeitung mit einer marxistischen Orientierung. Eine Zeitung, die unabhängig ist von den gewaltigen Medienkonzernen, von Banken oder einflußreichen Anzeigenkunden. Eine Zeitung, die darüber schreibt, wovon sonst in deutschen Blättern geschwiegen wird. Eine Zeitung, für die der Sozialismus eine notwendige Alternative war, ist und bleibt. Die junge Welt gehört keiner Partei, sie findet ihre Leser unter Linken in- und außerhalb von Parteien oder den sozialen Bewegungen.
Zum zweiten Mal präsentieren wir uns mit einer Sonderausgabe in spanischer Sprache auf der Buchmesse Havanna. Damit unterstreichen wir auch unsere besondere Beziehung zu Kuba, die bereits eine lange Geschichte hat.
Die junge Welt ist ein Kind des antifaschistischen Neuanfangs im Osten Deutschlands. Als Organ der Freien Deutschen Jugend (FDJ) – der sozialistischen Jugendorganisation in der DDR – entwickelte sie sich bis 1989 zur auflagenstärksten Tageszeitung der DDR. Sie war populär, weil informativer, kritischer und auch unterhaltsamer als andere Medien des Landes und wurde von jung und alt gleichermaßen gelesen. Für die Schwesterzeitung von Juventud Rebelde waren Freundschaft und Solidarität mit dem revolutionären Kuba unauflösbar.
Nach dem Anschluß der DDR an die Bundesrepublik begann für die junge Welt der Überlebenskampf. Wie fast alle ostdeutschen Medien wurde auch sie privatisiert. 1995 stand die junge Welt vor dem endgültigen Aus. Doch Mitarbeiter gründeten selbst den Verlag 8. Mai und eine Genossenschaft, die kollektiver Eigentümer der Zeitung wurde. Mit einem neuen, klaren linken Profil konnte das weitere Erscheinen gesichert werden. Der Existenzkampf ist weiter Alltag, auch wenn die Nachfrage nach einer alternativen Öffentlichkeit wächst. Nur mit dem Idealismus aller Mitarbeitenden ist die junge Welt als politisches und kulturelles Projekt realisierbar. Gleichzeitig können sich immer mehr Menschen in Deutschland nicht mehr regelmäßig eine Tageszeitung leisten.
Die junge Welt wird von den Herrschenden in Deutschland geächtet und bekämpft. Und das zu Recht. Wir widersprechen denen, die in Millionenauflagen und auf allen Sendern die ökonomischen Interessen der reichen Eliten verteidigen und begründen.
Die junge Welt verteidigt die historische Legitimität der DDR gegen eine seit Jahren und mit allen Mitteln geführte Kampagne, welche jeden Gedanken an eine soziale und dem Frieden verpflichtete Alternative auslöschen soll. Die junge Welt nennt Krieg und Ausbeutung beim Namen und hinterfragt die wirklichen Interessen, wenn von Moral und Menschenrechten geheuchelt wird. Wir sind das rote Tuch in der bunten Auswahl an unseren Kiosken, die zum größten Teil eine Farce ist.
Die junge Welt ist eine internationalistische Zeitung. Kuba und die progressiven Entwicklungen in Lateinamerika bilden einen besonderen Schwerpunkt unserer Berichterstattung. An den Erfahrungen dort, den Niederlagen und Erfolgen, nehmen wir und unsere Leser mit Kopf und Herz Anteil.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!